Fingerspitzengefühl für Triers Geschichte

Eigentlich zeigen Stadtführer Sehenswürdigkeiten aus lange vergangenen Zeiten, deren Erbauer oft niemand mehr kennt. Joachim Woditsch aber hat auch eine selbst geschaffene Kostbarkeit im Programm: Das Stadtmodell "Römisches Trier" im Landesmuseum.

 Joachim Woditsch präsentiert das von ihm gebaute Stadtmodell „Römisches Trier“. TV-Foto: Anna Lena Aldag

Joachim Woditsch präsentiert das von ihm gebaute Stadtmodell „Römisches Trier“. TV-Foto: Anna Lena Aldag

Trier. Das Stadtmodell zum Trier der Römerzeit steht ganz oben - sowohl im Gebäude des Landesmuseums als auch in der Gunst seiner Besucher. In einer Umfrage sei es gemeinsam mit den Mosaiken am häufigsten genannt worden, erzählt Anna Kurtze vom Landesmuseum. Joachim Woditsch lächelt zufrieden. Von 1981 bis 1991 hat der Stadtführer an dem Modell gebaut.Bei seinen häufigen Besuchen im Landesmuseum fiel ihm etwas auf: "Die Modelle der Bauwerke standen verstaubt in der Ecke." Außerdem hatten sie unterschiedliche Maßstäbe. "Da habe ich mir gedacht, es muss doch möglich sein, diese Kostbarkeiten mal zusammen zu zeigen."Heimlich machte sich Woditsch ans Werk: "Davon wusste erstmal kein Mensch." Auf Holzplatten baute er erste Modelle. Einige Teile sind Zubehör für Modelleisenbahnen, die Gebäude aber sind selbst gebaut. "Die sind alle innen hohl", erklärt Woditsch. Um römische Statuen nachzuempfinden, nahm er Modellbaufiguren und befreite sie unter der Lupe von Accessoires wie Koffern oder Hüten. Eine langwierige Arbeit, über der wohl die meisten irgendwann die Lust verlieren würden - nicht aber Woditsch. "Ach, ich hab ja auch mal ein, zwei Tage ausgesetzt", winkt er bescheiden ab. Das Modell der Doppelkirche brachte aber auch ihn an seine Grenzen, weil sich der Forschungsstand mehrfach änderte und die Arbeit vieler Stunden plötzlich umsonst war. "Das hab ich mal in der Küche an die Wand geworfen." Doch ans Aufgeben hat er nie gedacht - im Gegenteil: Im letzten Jahr hat er das Modell für die Konstantin-Ausstellung überholt. "Das wird nie fertig," ist er überzeugt. Eine exakte Abbildung des römischen Triers sei es ohnehin nicht. In Wohngegenden seien häufig nur die Straßenzüge sicher zu rekonstruieren, also liege das Hauptaugenmerk auf den Großgebäuden wie der Porta Nigra, der Basilika oder dem nicht erhaltenen Circus Maximus.Eigentlich, erzählt Woditsch, habe er das Modell nur für sich gebaut. Ein Bekannter aber hatte dem damaligen Museumsdirektor Heinz Cüppers davon erzählt, und so landete es schließlich im Museum. Woditsch selbst bietet regelmäßige Führungen zum Stadtmodell an - die nächste am 20. Juli um 15 Uhr.Der TV stellt in einer Serie Trierer Gästeführer und ihre Lieblings-Sehenswürdigkeiten, -Plätze und -Histörchen vor und zeigt, was es abseits der ausgetretenen Touristenpfade alles zu entdecken gibt.Extra Joachim Woditsch ist seit 1991 Stadtführer. Schon in der Schule begeisterte er sich für Geschichte und hat seitdem immer wieder Archive und Grabungen in der Umgebung besichtigt. Bis zu seiner Pensionierung arbeitete der 69-Jährige als Bundesbeamter, seitdem widmet er sich voll und ganz den Stadtführungen, bei denen er gerne auf die Interessen der Gruppen eingeht und spontan eine Führung zu Karl Marx oder zur Zeit der Hexenverfolgung improvisiert: "Da kann man auch mal vom Weg abweichen." Natürlich auch in Richtung des Stadtmodells. (ald)

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