Fit statt matt mit königlichem Spiel

TRIER. Im Haus Franziskus ist einmal pro Woche höchste Konzentration angesagt: Dort trainiert der 69-jährige Rentner Richard Stoll seine Schüler. "Gehirn-Jogging" mit Schach für ältere Semester – lautet das Motto der beliebten Treffs.

 Geduldiger Lehrmeister: Im Haus Franziskus zeigt Richard Stoll seinen Schachschülern Helmut Herrig und Monika Lange Kniffe und Tricks rund um das königliche Brettspiel. Foto: Birgit Pfaus-Ravida

Geduldiger Lehrmeister: Im Haus Franziskus zeigt Richard Stoll seinen Schachschülern Helmut Herrig und Monika Lange Kniffe und Tricks rund um das königliche Brettspiel. Foto: Birgit Pfaus-Ravida

Donnerstagnachmittag: Ganz still ist es im vom Tageslicht erhellten Kutscherhaus im Begegnungsforum Haus Franziskus. An mehreren Tischen sitzen sich schick gekleidete Senioren paarweise gegenüber, dazwischen jeweils nur ein Schachbrett mit 64 Feldern, 32 Figuren - und jede Menge geballte Konzentration. Richard Stoll geht gemächlich von Tisch zu Tisch. "Die Figur hätte ich hier anders gesetzt - sehen Sie, das ist eigentlich ein krasser Fehler", sagt er und zeigt auf das Brett vor ihm. Richard Stoll ist in Rente. Zuletzt hat der 69-Jährige als Pharma-Referent gearbeitet, und als der Ruhestand kam, stürzte er sich erst recht in Arbeit. "Ich habe fünf Bücher über meine Leidenschaft, das Münzensammeln, geschrieben", erinnert er sich. Doch das konnte nicht ewig so weiter gehen, schließlich kosteten die im Eigenverlag herausgegebenen Werke ja auch jede Menge Geld. Über seine Frau, die in der Altenbetreuung arbeitet, kannte Stoll Franz-Joseph Eutheneuer, den Leiter des Begegnungsforums Haus Franziskus in Trier. Als der vor fünf Jahren den Senioren im Haus für die geistige Fitness Spielgruppen in Schach anbieten wollte, fragte er kurzerhand den leidenschaftlichen Schachspieler Richard Stoll. Der sagte gerne zu, hatte er doch davon gelesen, dass man mit Schach gegen Alterskrankheiten wie Demenz angehen könne. Also ging es im Haus Franziskus los mit dem königlichen Spiel. "Das fing in einem ganz kleinen Rahmen an, so mit sieben, acht Leuten", erzählt Stoll. Bald jedoch weitete sich die Gruppe aus. Um vor allem den Anfängern gute Grundkenntnisse zu vermitteln, lud Stoll die Senioren kurzerhand zu sich nach Hause ein. "Das ist auch heute noch so - am Anfang kommen die Leute in meine Kurse, bevor sie zum Spieltreff im Haus Franziskus können." "Eine Basis muss einfach da sein", sagt Stoll, der 600 Schachbücher im Regal stehen hat. Er stellte nicht nur seine Wohnung zur Verfügung, sondern auch Spielmaterialien. Vor einiger Zeit sponserte Bürgermeister Georg Bernarding als Schirmherr einen kleinen Geldbetrag. Heute können die Schachfans an 20 Brettern spielen, und für die Holzfiguren gibt es seit kurzem liebevoll genähte Stoffsäckchen. "Ich mag es sehr, Unterricht zu geben und zu sehen, dass die Leute Fortschritte machen", sagt Stoll. Im Haus Franziskus sind inzwischen zwei Stunden vergangen, seit die erste Partie eröffnet wurde. Die erste Dame wendet sich zum Gehen, und kleine Plaudereien ergeben sich. "Gewinnen oder verlieren ist egal - es geht um das Spiel", sagt der 67-jährige Helmut Herrig. "Mein Mann und ich sind seit Januar dabei und vom Schach richtig begeistert", meint die 65-jährige Monika Lange aus Trier, und fügt hinzu: "Udo konnte schon Schach spielen und wollte mich immer überreden, mitzumachen. Doch als Anfänger hatte ich keine Chance gegen ihn." Mit "der Theorie vom Herrn Stoll" fühle sie sich dem Gatten jetzt jedoch gewachsen. Der Schachtreff findet jeden Donnerstag ab 14.30 Uhr im Kutscherhaus des Hauses Franziskus statt. Informationen unter Telefon 0651/42874.

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