Flirt bei Viez und Schwartemagen
TRIER. Schüchtern und mit verschränkten Armen stehen neun Frauen und sieben Männer vor der Porta Nigra. Verstohlen werden die anderen Teilnehmer taxiert, die sich auf die geführte Partnersuche durch Trier machen wollen. Gästeführerin Christiane Salm (45) bietet die erste Tour für Singles an, bei der Alleinlebende sich und die Stadt kennen lernen können.
Liebe kann trunken machen, das wissen nicht nur Dichter. Bevor sich bei der Tour "Trier zum Verlieben" echte Frühlingsgefühle einstellen, sorgt zur Begrüßung zunächst ein Gläschen Sekt für das erste Prickeln. Nein, die Partnerin fürs Leben zu finden, erhoffe er sich nicht, sagt Thomas Frank aus Zemmer. Wie ihm geht es rund elf Millionen Deutschen. In Großstädten wohnt sogar in jedem dritten Haushalt ein Single - Tendenz steigend. Doch in den seltensten Fällen ist dieser Lebensstil freiwillig gewählt. Die meisten Singles wünschen sich einen Partner, gehen im Internet auf Partnersuche, Single-Partys und -Börsen haben Hochkonjunktur. Langsam taut die Stimmung auf
"Ja, man geht auf die Suche nach anderen Möglichkeiten, um nette Menschen kennen zu lernen. In der Kneipe funktioniert das häufig nicht so gut", erzählt der 37-Jährige Single, dem die Aufregung vor der ersten Kontaktaufnahme anzumerken ist. Auf Tuchfühlung gehen die Gäste jedoch erst mit der Trierer Stadtgeschichte. Vielleicht verheißt eine Gruppe junger Frauen, die einen Junggesellinnen-Abschied feiert und lärmend durch die Straßen der Innenstadt zieht, ein gutes Omen? Doch bis zum Gang vor den Traualtar wird es für die 16 Singles noch ein weiter Weg sein. "Einen schönen Tag und etwas Kultur zu erleben, das reicht eigentlich. Alles andere ergibt sich irgendwann von selbst", sieht es Roswitha Schäfer (57) gelassen. Auf die Kuppeltour mit Niveau wurde sie von ihrer Tochter Jenny (30) geschickt, zum Muttertag. "Im Hinterkopf war schon der Gedanke: vielleicht ist ja ein netter Mann dabei. Für uns beide. Mama ist seit vier Jahren Witwe und wieder zu haben, und ich bin auch Single", sagt sie. Wichtiger sei dabei aber, neue Kontakte außerhalb des eigenen sozialen Umfeldes zu knüpfen, egal ob zu Frauen oder Männern. Nur langsam taut die Stimmung auf. Die ersten intensiveren Gespräche führen die Singles im Gasthaus "Zur Glocke". Ein Candlelight-Dinner auf Trierisch steht auf der Karte, deftig und rustikal ist das Menu. Bei Viez und Schwartemagen flirtet nur ein einziges Pärchen in spe. "Späteres Wiedersehen nicht ausgeschlossen", sagen Monika und Harald und bitten um Zweisamkeit. "Wir hoffen, das Essen anregend angerichtet zu haben, damit es seinen Zweck erfüllt", schmunzelt Glocken-Wirtin Annemarie Simon. "Ein Glas Riesling von der Mosel ist ein gutes Getränk zum Flirten", philosophiert Stammgast Willi Blau. "Aber das geht auch bei einer Porz Viez ganz gut. Hauptsache die Kommunikation stimmt", fügt die Wirtin hinzu. Der Weg führt die Gruppe zum Abschluss der Tour dann noch in den Turm Jerusalem, knapp am Standesamt vorbei. "Wer seine Geliebte zur Putzfrau machen will - hier ist er richtig", scherzt Stadtführerin Christiane Salm. Mit einem Glas Sekt endet der Tag, wie er begonnen hat. Trunken vor Liebe ist niemand, da entfaltet das alkoholische Getränk schon bessere Wirkung. Es wird mehr gescherzt als geflirtet. "Wir hatten bei dem Sturm vor dem Gewitter eher eine Mücke im Auge, als einen Mann", lacht Roswitha Schäfer. Telefonnummern ausgetauscht
Bei einem Absacker im Club Walderdorff fasst Harald Mut und tauscht mit Monika Telefonnummern aus. "Mal sehen, was daraus wird", sagt er. Die Liebe auf den ersten Blick gab es zwar nicht und für die Teilnehmer warten Mr. und Mrs. Right wohl noch woanders. Vielleicht bei der nächsten Führung "Trier zum Verlieben" am 3. Juni um 18 Uhr. Karten zum Preis von 22,22 Euro gibt es bei der Tourist Information an der Porta Nigra, 0651/978080./bre
