Flucht in die Tiefkühlkammer

TRIER. So lange der Sommer noch kühl und verregnet war, fluchten zwar Urlauber und Freibad-Fans, aber mancher Arbeitnehmer freute sich, nicht von 35 Grad gequält zu werden. Doch dann begann die Hitzewelle und sorgte für extreme Arbeitsbedingungen.

 Dachdeckermeister Konrad Kremer (links) reicht seinem Mitarbeiter Jörg Kinzig eine Abkühlung.Foto: Hans Krämer

Dachdeckermeister Konrad Kremer (links) reicht seinem Mitarbeiter Jörg Kinzig eine Abkühlung.Foto: Hans Krämer

Der Sommer 2004 kennt anscheinend keine Kompromisse. Zuerst wechselten die Tiefdruckgebiete einander ab, immer wieder regnete es in Strömen. Kaum war diese Phase überstanden, schlug eine Hitzewelle zu, die von tropische Luftfeuchtigkeit und hohen Ozonwerten im Trierer Tal begleitet wurde. Körperliche Tätigkeiten sollte man unter diesen Bedingungen vermeiden. Wer Urlaub hat oder im Büro sitzt, kann diesen ärztlichen Rat problemlos befolgen, doch viele Arbeitnehmer können der Hitze nicht ausweichen. Konrad Kremer hat schon viele Hitzewellen überstanden. Der 62-Jährige hat einen großen Teil seines Berufslebens auf Dächern verbracht, den Dachdecker-Familienbetrieb in Euren führt inzwischen sein Sohn. "Man kann der Hitze wohl nicht entkommen, aber man kann versuchen, ihr auszuweichen", sagt der Experte. Die Firma Kremer, für die 17 Mitarbeiter aktiv sind, fängt bei großer Hitze früher an. "Arbeitsbeginn ist in solchen Fällen um 6.30 Uhr", sagt der Senior-Chef. "Danach bewegen wir uns mit der Sonne und versuchen, den Zeitplan so aufzustellen, dass wir im Schatten arbeiten können." Ist die Hitze schlecht fürs Geschäft? Konrad Kremer schmunzelt. "Wir machen Dächer. Also leben wir vom Regen." Gerd Oppermann hat ebenfalls mit der Hitze zu kämpfen: Der 42-Jährige arbeitet am eigenen Haus in Euren. "Die größte Gefahr ist der Sonnenstich", sagt er. "Eine Kopfbedeckung ist Pflicht." Die schwüle Hitze erschwert die Arbeiten. "Es wird sehr schwierig, den Zeitplan einzuhalten. Aber wir müssen die warmen Monate nutzen. Im Winter kann man nicht bauen." Ein Problem ganz anderer Art haben die Mitarbeiter der Degraa GmbH am Trierer Westbahnhof: Sie müssen an ihrem Arbeitsplatz mit einem Temperaturunterschied von bis zu 60 Grad fertig werden. "Im Tiefkühlbereich herrschen Temperaturen von minus 22 Grad", erläutert Geschäftsführer Gerd Peters. Dicke Thermokleidung ist hier Pflicht. "Darauf wird auch sehr genau geachtet, sonst hat man sich schnell eine Erkältung geholt." Ohne Schutzkleidung hält es ohnehin niemand länger als ein paar Minuten in der Tiefkühlkammer aus. "Im Hochsommer ist das einer der angenehmsten Arbeitsplätze."

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