Förmlich und frivol

TRIER. Riesige goldene Oscar-Figuren, ein roter Teppich und Lokalprominenz in festlicher Robe: Dass die Session bei der Trierer Karnevalsgesellschaft Heuschreck unter dem Motto "Hollywood in Trier" steht, ist beim Ordensfest der KG nicht schwer zu erraten - und scheint zu den illustren Mitgliedern des Vereins bestens zu passen.

Vereins-Karneval ist nicht nur eine lustig-lockere Angelegenheit. Da gilt es, Senatoren zu ernennen, Orden zu verleihen, neue Elferräte zu begrüßen und verdiente Narren zu ehren - Zeremonien, die Kappensitzungen länger machen würden, als sie sind. Daher fasst die KG diese administrativen Angelegenheiten bei ihrem Ordensfest zusammen. Rund 250 geladene Gäste sind zu der Veranstaltung in das Kongresszentrum der IHK gekommen. Heuschreck-Präsident Gustel Thormeyer begrüßt die vielen Ehrengäste und Sponsoren - eine illustre Schar aus Kommunalpolitik und Geschäftswelt. Allzu seriös geht es trotz der vielen Ehrungen nicht zu. Dafür sorgt Bürgermeister Georg Bernarding. Sonst eher förmlich als frivol, gibt er bei seiner Büttenrede eine Zote nach der anderen zum Besten. Da werden selbst die Gardemädchen rot. Nicht nur die Frauen kommen bei Bernarding schlecht weg. "Schwarz, Grün, Gelb", beschreibt Bernarding die Farben des neuen Heuschreck-Ordens. "Nur Rot fehlt. Ein bisschen voreilig. Ein paar SPDler haben wir schließlich noch im Stadtrat." Ernst wird es wieder, als Harald Reusch, Vizepräsident der Heuschreck, das neue Trierer Prinzenpaar Erwin Engel und Barbara Ries vorstellt: Die Majestäten sind in seriösem Schwarz gekleidet, nur die Prinzenmütze von Erwin II. lässt den närrischen Job der nächsten drei Monate erahnen. Eigentlich wurde auch das exthronisierte Trierer Prinzenpaar der vergangenen Session, Patrick I. und Melanie I., erwartet. Doch die Ex-Majestäten hatten auf dem Weg zum Ordensfest einen Autounfall: Beide mussten mit leichten Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Zum Höhepunkt des Abends bittet TV -Redakteur und Heuschreck-Mitglied Alexander Houben auf die Bühne. "Wo sind bessere schauspielerische Fähigkeiten als im Stadtrat nötig?", fragt er. Dann flimmern Szenen aus Filmklassikern über die Leinwand. Die Politprominenz, die ihr Schauspiel-Schicksal völlig unvorbereitet ereilt, muss zeigen, was sie kann: FDP-Frontfrau Stefanie Lejeune debüttiert als James-Bond-Sekretärin Miss Moneypenny. CDU-Chef Bertrand Adams erweckt als Dr. Frankenstein ATK-Präsidenten Peter Pries zum Leben. Ulrich Holkenbrink zeigt pädagogisches Geschick als Feuerzangenbowlen-Lehrer Bommel. Ihre Texte dürfen die Oscar-Anwärter ablesen. Nur Wirtschaftsdezernentin Christiane Horsch hält sich bei ihrer Casablanca-Abschiedsszene mit Bürgermeister Bernarding nicht ans Drehbuch. Als Bernarding ihr zuschnurrt: "Schau mir in die Augen, Kleines", pariert sie schlagfertig dessen zotige Büttenrede: "Jaja, Männer können schon immer besser gucken als denken."

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