Formvollendet bis zur Klobürste

TRIER. In der ehemaligen Werkkunstschule am Paulusplatz sind wieder die Fachbereiche Kommunikationsdesign und Innenarchitektur der Fachhochschule eingezogen. Die Renovierung hatte mehrere Jahr gedauert.

Licht durchflutete Räume, klare Formen, dezente Farben: Die ehemalige Werkkunstschule wurde mit einer aufwändigen Renovierung architektonisch entrümpelt. Nun ist die ursprüngliche Struktur wieder sichtbar.Wechselhafte Geschichte

Durch das Jugendstil-Gebäude flanierten beim Festakt zur Wiedereröffnung über hundert geladene Gäste und applaudierten dem swingenden Live-Jazz der FH-Band. Hinter den riesigen Sprossenfenstern an der Südseite der Aula ragt die Pauluskirche auf, die an diesem Tag der Band eine eindrucksvolle Kulisse bot. In der mehr als vier Meter hohen Aula hallt jeder Schritt. "Wer das Gebäude von früher kennt, wird froh sein, dass es von all dem anderem Gerümpel befreit wurde", sagt FH-Präsidentin Adelheid Ehmke. Mit dem Ergebnis der vier Millionen Euro teueren Renovierung sei sie sehr zufrieden. Lediglich für eine Bestuhlung hat das Geld nicht mehr gereicht. "Sie sitzen im Moment auf ausgeliehenen Stühlen", informierte die Präsidentin ihre Gäste bei der symbolischen Schlüsselübergabe. Aus der finanziellen Not machten die Studenten eine Tugend: "Bald haben wir Stühle, die hier entworfen und hier gebaut werden." Einige bereits entwickelte Prototypen möglicher Modelle sind im Foyer ausgestellt. Spender sollen die Finanzierung der übrigen Bestuhlung sichern. "Wer für einen Stuhl spendet, dessen Name wird diesen Stuhl zieren." Ministerialdirigent Josef Mentges vom rheinland-pfälzischen Bildungsministerium, versprach spontan, ebenfalls einen Stuhl zu spenden. Das Ergebnis der Renovierung sei eine gelungene Verbindung von Denkmalpflege und aktuellem Nutzungsbedarf, sagt Konrad Müller, Baudirektor des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung Trier (LBB). Triers Baudezernent Peter Dietze betont, dass eine Umgestaltung des gesamten Paulusplatzes - ähnlich wie beim Kornmarkt - nötig sei. "Ich hoffe Sie sagen das nicht nur hier und heute", reagiert Müller. Wie das Gebäude 1912 im Jahr seiner Fertigstellung ausgesehen hat und wie in der Schreinerei der damaligen Werkkunstschule gearbeitet wurde, veranschaulicht Bärbel Schulte, stellvertretende Amtsleiterin des Städtischen Museums Simeonstift, anhand von Dias. Im Ersten Weltkrieg wurden dort Munitionskisten produziert, und die Inneneinrichtung in "Eiche rustikal" der "Schule des deutschen Handwerks" (1938 bis 1945). 1971 ging die "Staatliche Werkkunstschule" in die Fachbereiche der Fachhochschule auf. Mit Stolz weist Präsidentin Ehmke auf die vielen international erfolgreichen Absolventen hin. Zum Festtag waren einige der "Ehemaligen" angereist und spazierten durch "ihre alten Räume". Schmunzelnd bewunderten manche sogar die Klobürstenhalter aus Edelstahl: Ein Quadrat, gebildet aus vier sich kreuzenden schlanken Metallrohren.Helle Räume, angenehme Atmosphäre

"Etwas steril war es am Anfang schon. Aber jetzt kommt langsam Leben rein", sagt Student Mai Gregor Nickele. Zum Festtag hatten die angehenden Designer ihre Diplom- und Seminararbeiten ausgestellt. Sie lobten die hellen Räume und die angenehme Atmosphäre. Nun sitzen Kommunikationsdesigner und Innenarchitekten wieder zusammen in einem Unterrichts-Gebäude- ein neues Kapitel in der wechselvollen Geschichte der Schule. Die Geschichte der Schule, ihrer Lehrer und des sich stetig wandelnden Gebäudes dokumentiert die Ausstellung "Zur Formvollendung und Geschmackserziehung" im Städtischen Museum Simeonstift.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort