Francescos Wunderladen

TRIER-NORD. Ein Lädchen mit einem gewissen Schuss Exotik: In der Maximinstraße 21 gibt es neben "Hass-Avocados" selbst gezogene Orangenbäumchen, ausrangiertes Kinderspielzeug und Literatur über Alchemie.

 Ungewöhnlicher Laden: Francesco hinter der Theke.Foto: Gabriela Böhm

Ungewöhnlicher Laden: Francesco hinter der Theke.Foto: Gabriela Böhm

EinLadenschild suchen Kunden über dem Eingang des kleinen Geschäftsvergeblich. "Kein Geld dafür", sagt Geschäftsinhaber FrancescoVaccalluzzo. So prangt der Name des Ladens "Aurum potabile" nurprovisorisch auf einem Stück Holz. Frei übersetzt mit "Lebenselixier" oder "gespeichertem Licht in der Nahrung der Früchte", erklärt der Inhaber, den alle nur Francesco nennen. Wer seinen Laden betritt, bekommt nicht nur Rezepte für seine exotischen Früchte mit nach Hause, sondern gratis einen Rundumschlag philosophischer und politischer Betrachtungen. Francesco: "Das ist ein sozialkritischer Laden, in dem man Waren zu fairen Preisen bekommt und der Kunde erfährt, ob sie behandelt sind oder nicht."

Etwa 25 Stammkunden "tragen" das Geschäft

Gleichwohl habe das Gros der alternativen Szene sein Geschäft noch nicht entdeckt - er lebt von etwa 25 Stammkunden, die ihn gerade so über Wasser halten.

Immer wieder stehen Kunden im Verkaufsraum, der den Charme erster Bioläden vor Jahrzehnten ausstrahlt. Personal der nahen Hauptschule macht Stippvisite, Rentner, Hausfrauen und versprengte Alternative kommen auf eine Banane hinein.

Gute Qualität von Obst und Gemüse bringen eine Kundin sogar dazu, extra aus Zemmer mit dem Bus zu dem Geschäft zu fahren. "Außerdem gibt er häufig was zum Probieren mit", sagt die Frau.

Doch die Einkünfte sind mager und die Finanzen stehen schlecht. Wegen einer Dauerbaustelle hatte der Betrieb eine mehrmonatige Flaute, die zu einem bis heute anhaltenden Minus führte.

Dabei lief der Geschäftsbeginn im Juli letzten Jahres, zum 13. Geburtstag des Sohnes, gut an. Bis heute verkauft Francesco exotische Früchte aus aller Welt: täglich zwischen vier bis sechs Sorten Avocados und verschiedene Bananen aus aller Herren Länder, wild wachsende Urwaldfrüchte und Waren aus dem Bioversandhandel. Francesco: "Der Kunde kann auch eine einzelne Frucht bestellen, die über den Großhandel nicht zu bekommen ist." Der Kaufmann legt Wert darauf, dass viele seiner Waren nicht aus Massenplantagen, sondern von Kleinbauern stammen. Nun hat das Geschäft - zum Bedauern mancher Kunden - eine skurrile Sortimentserweiterung erfahren. Nicht nur Avocados der Sorte "Hass" aus Mexiko oder Produkte vom Hofgut Serrig, sondern auch gebrauchte CDs, Elektrogeräte und elektronisches Kinderspielzeug werden verkauft. Letztere stammen aus Francescos Eigentum und sind die letzten Reserven, um Einnahmen zu erzielen. "Meine Gemüse-Verlust-Krücke", nennt er das. Einträchtig liegt die Sachen im voll gestopften Schaufenster oder in gestapelten hölzernen Apfelsinenkisten - darüber baumeln reife Tomaten. "Wenn der Laden bis zum Sommer überlebt, schaffe ich es", sagt Francesco und fügt hinzu: "Ein Tag ohne ,Hass' ist wie ein Tag ohne Liebe." So kauft er mittlerweile von frischen Waren diejenigen ein, die er selbst verzehrt, wenn die Kunden ausbleiben.

Seit zwölf Jahren hat sich der geborene Sizilianer nach eigenen Angaben der Gesundheits- und Ernährungsforschung verschrieben. Zahlreiche Bücher dazu stehen in seinem Lädchen zur Ausleihe oder Durchsicht.

Früher arbeitete Francesco im Gartenbau, Einzelhandel und Obst- und Gemüsegroßhandel. Manchen Trierern ist er aus der Theater- und Showszene bekannt. Konsequent kleidet sich Francesco daher im Geschäft mit kuriosen "Kostümen", was bei Käufern schon mal zu Irritationen führte. Francesco: "Einmal sah mein Schal wie ein Turban aus. Da hieß es gleich: Dort gehen wir nicht hinein."

Morgen in unserer Trier-Nord-Serie: Passiv die Umwelt schützen - an der Benediktinerstraße entstand Triers erste Passivhaus-Siedlung.

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