Frankreichs Wein, Preußens Tugenden

TRIER. Seit Februar 2002 lenkt Rudolf Hahn im Palais Walderdorff am Domfreihof die Geschicke der Erwachsenenbildung und der Musikschule. Er verkörpert dabei selber eine ganz eigenständige Mischung aus Ordnung und Kreativität.

Das Arbeitszimmer sieht nicht gerade aus, als sei da jemand ein Fan der "Simplify"-Methoden. Auf dem Schreibtisch häufen sich die Papierstapel. Und die Broschüren und Manuskripte in den großen Wandregalen erwecken eher den Eindruck, dass ihre Wiederverwendung auf den St. Nimmerleinstag verschoben worden ist. Haust darin ein Chaot, jemand, bei dem die Liebe zum spontanen Augenblick zusammenfällt mit der Unfähigkeit, Dinge endgültig zu entsorgen? Wer Rudolf Hahn, den Leiter des Trierer Bildungszentrums kennt, weiß Bescheid über dessen organisatorische Fähigkeiten, über die Kunst, ohne großen Aktionismus Dinge zu bewegen und in die richtigen Bahnen zu lenken. Ein Freund der kreativen Unordnung

Nicht zufällig hat er für sein Bildungszentrum, in dem Volkshochschule und Musikschule gleichberechtigt unter einem Dach wirken, ein Qualitätsmanagement eingeführt, einen Prozess der steten Selbstkontrolle und Selbsterneuerung. Nur wenige Organisatoren im städtischen Bildungs- und Kulturbereich genießen weit und breit einen derart ausgezeichneten Ruf. "Ich bin ein Freund der kreativen Unordnung", sagt Rudolf Hahn. Und: "Eine bestimmte Form von Chaos mag ich, aber ich muss das Chaos beherrschen." Hat Rudolf Hahn, in Saarlouis geboren und damit lebenslang ein Saarländer, die berühmten zwei Seelen in seiner Brust? Das klingt zu literarisch und wohl auch zu unscharf. Die Extreme gehen ineinander über. Eine Form kontrollierter Unordnung ist ja Ausweis von Kreativität, und diese bedarf wiederum der straffen Organisation um andere Menschen mitzunehmen. Wie es in der Erwachsenenbildung sein sollte. Die ist Rudolf Hahns Leben. Studiert hat er Französisch und das zwei Jahre in Orleans, außerdem Sozialkunde. Und zumindest in der Rückschau wirkt die Schulkarriere, die der 27-jährige 1978 mit der Referendarzeit begann, nur wie eine Vorstufe. Nach sechs Jahren als teilzeitbeschäftigter Fachlehrer wagte er 1987 den Wechsel zur Kreisvolkshochschule Saarlouis und profilierte sich schulintern, aber auch mit Veröffentlichungen, Vorträgen und der Mitarbeit in diversen Kommissionen so, dass Anfang Februar 2002 zum Leiter des neu formierten Trierer Bildungszentrums berufen wurde. Ein Routinier sei er, ein alter Hase, hieß es schon damals. In Trier haben ihn vor allem die beruflichen Gestaltungsmöglichkeiten gereizt. Die Fusion zweier Bildungsbereiche gleichberechtigt unter einem Dach sei bundesweit ein neues Modell gewesen, sagt er. Und erklärt deutlich, dass sich dieses Modell bewährt hat, dass es funktioniert und jetzt durch das Qualitätsmanagement neue Impulse erhalten wird.Späte Liebe zum trockenen Moselwein

Rudolf Hahn liebt Frankreich und dessen elegant-spielerische Lebenskultur, aber auch die preußischen Tugenden wie Ordnung und Pünktlichkeit. Er liebt eine Kunst, auf die sich ein Besucher persönlich einlassen muss, ohne schon Fachmann zu sein. Und wenn man ihn nach dem Umfang seines Weinkellers fragt, dann umreißt er die Größe seiner Bestände ein wenig zögernd mit "mehrere hundert Flaschen". Selbstverständlich französischer, vor allem südfranzösischer Wein, dazu Pfalz und Kaiserstuhl. "Den Moselwein habe ich erst hier entdeckt", sagt er und preist die Verbindung von Leichtigkeit und Kraft im gut ausgebauten Mosel-Riesling. Trocken, ja, so sollte er sein und sorgfältig ausgesucht zur Speisekarte. Aber nicht asketisch und eindimensional, sondern mit einem feinen Spiel von Frucht und Säure. Wie im richtigen Leben des Rudolf Hahn: üppig und streng zugleich. Mitten im Gespräch klingelt das Telefon. Kurz und knapp erörtert Hahn mit seiner Frau - nun was wohl? "Das Abendessen", sagt er und lässt durchblicken, dass das nicht nur aus Butter und Brot besteht.

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