Frauen stehen im Mittelpunkt

Zum "Weltgästeführertag" stellten Trierer Touristenbegleiter ihre Arbeit vor. Damit dankten sie ihren Mitmenschen auch für deren Geduld mit Besuchern. Unter dem Motto "Frauengeschichten" standen große Triererinnen im Mittelpunkt.

 Im Schatten der Trierer Marktkirche St. Gangolf, die ihren hohen Turm aus dem Jahr 1507 der spendenfreudigen Adelheid von Besselich verdankt, erläutert Gästeführerin Christine Stolpe Details aus dem Leben und Wirken der Triererin. TV-Foto: Claudia Neumann

Im Schatten der Trierer Marktkirche St. Gangolf, die ihren hohen Turm aus dem Jahr 1507 der spendenfreudigen Adelheid von Besselich verdankt, erläutert Gästeführerin Christine Stolpe Details aus dem Leben und Wirken der Triererin. TV-Foto: Claudia Neumann

Trier. "Adelheid von Besselich ist für Trier das, was die heilige Elisabeth für Thüringen ist", sagt Christine Stolpe und weist hoch hinauf zum Turm von St. Gangolf. Die Trierer, die sich auf dem Hauptmarkt um die Gästeführerin geschart haben, legen den Kopf in den Nacken und blinzeln gegen die helle Frühjahrssonne zum obersten Gesims ihrer Marktkirche empor. Dort oben prangt ein Wappen: drei goldene Rosen auf rotem Grund -"Quasi die Unterschrift Adelheid von Besselichs", erläutert Stolpe. Dieser bemerkenswerten Dame haben die Trierer ihr Wahrzeichen bürgerlichen Selbstbewusstseins zu verdanken, denn sie finanzierte vor 500 Jahren die Aufstockung des Kirchturms auf 67 Meter - sehr zum Ärger des Bischofs. Denn in direkter Sichtweite war St. Gangolf nun höher als der Dom. Das konnte Erzbischof Greiffenklau nicht auf sich sitzen lassen, setzte statt dessen noch eins drauf und erweiterte den rechten Turm der Bischofskirche. Bis heute zeugen ihre ungleichen Proportionen von diesem Machtkampf und stellen so auch ein weiteres Denkmal für Adelheid von Besselich dar.Das Leben und Wirken der wohlhabenden Trierer Dame, die wahrscheinlich von 1448 bis 1525 gelebt hat, stand im Mittelpunkt einer von mehreren Führungen unter dem Motto "Frauengeschichten" des "Verein der Gästeführer in Stadt und Region Trier" zum "Weltgästeführertag". "Wir verfolgen mit dieser Aktion zwei Ziele", sagt Vereinsvorstandsmitglied Chistoph Herrig. "Zum einen wollen wir natürlich unseren Berufsstand vorstellen, andererseits sind die Angebote als Dankeschön der Gästeführer an die Trierer gedacht - schließlich müssen sie jedes Jahr die Milliune Leit` ertragen, die die Fußgängerzone verstopfen!" Der 80 Mitglieder zählende Verein, der einer bundes- und darüber hinaus einer weltweiten Organisation angehört, sei eine Interessenvertretung freiberuflicher Gästeführer. Er biete auch Fortbildungen an.Repräsentanten für Stadt und Region

"Ein Gästeführer muss viele Fähigkeiten haben", berichtet Herrig, "das reicht von Methodik und Didaktik über soziale Kompetenz bis hin zu Erster Hilfe." Denn oft seien er und seine Kollegen die einzigen Ansprechpartner der Touristen vor Ort und somit auch Repräsentanten für Stadt und Region. Von der Qualität ihrer Arbeit konnten sich die Trierer am Wochenende überzeugen. Die "Frauengeschichten" brachten ihnen etwa Jenny Marx näher, ließen Trierer Dichterinnen den Dom beschreiben oder erklärten in einer Führung für Hörgeschädigte in Gebärdensprache, was es mit den weiblichen Figuren am Marktbrunnen auf sich hat. Adelheid von Besselich, die stolze Stifterin des Gangolf-Turms und vieler weiterer Trierer Kirchenschätze, hätte ganz sicher Gefallen daran gefunden, im Mittelpunkt eines solchen Tages zu stehen. In der Liebfrauen-Kirche, wo sie die Apostel auf den zwölf Rundpfeilern abbilden ließ, hat sich derweil die Gruppe um Gästeführerin Christine Stolpe vor dem einzig überlieferten Bildnis der dynamischen Triererin versammelt. Adelheid ist zu Füßen des Apostels Judas Thaddäus dargestellt. Neben ihr bildete der Maler ihren Ehemann Clas von Zerf ab, dessen haarsträubende Karriere vom Metzger aus dem Hochwald zum Trierer Bürgermeister, der schließlich aus der Stadt fliehen musste, locker eine eigene Führung wert wäre. "Die Auferstehung des Fleisches" lautet das lateinische Credo unter den Figuren. "Das eigentliche Ziel all der Schenkungen und Stiftungen Adelheids war es, dass bis zum jüngsten Tag für ihr Seelenheil gebetet werden sollte", erklärt Stolpe. "Sie wollte sicherstellen, dass ihr Andenken gewahrt wird."

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