Frischzellenkur für den Platzhirsch

Erleichterung nach der Schrecksekunde: Die Belegschaft der Akademischen Buchhandlung Interbook blickt nach der Übernahme durch die Mayersche Buchhandlung (Aachen) "mit gedämpftem Optimismus" in die Zukunft.

Trier. "Wir waren erst einmal völlig platt, als wir das gehört haben", schildert eine Interbook-Mitarbeiterin die erste Reaktion. Reaktion Nummer zwei nach der überraschenden "Schock-Nachricht" vom Verkauf der Buchhandlung: "Gott sei dank übernimmt uns die Mayersche. Es hätte schlimmer kommen können." Und so seien die Wogen in der außerordentlichen Betriebsversammlung am Dienstagabend nicht mehr sonderlich hoch geschlagen.2007: Rekord-Umsatz dank Konstantin-Bonus

"Interbook 2008" lautete das Thema, zu dem Geschäftsführer Thomas Brausch (45) die Belegschaft zusammengetrommelt hatte. Tatsächlich aber wurde auch über das Ende einer Ära informiert. Die Akademische Buchhandlung Interbook, 1971 aus der "Paulinus-Bücherstube" hervorgegangen, gehört rückwirkend zum 1. Januar nicht mehr der Verwaltungs- und Management-Gesellschaft (VMG, 100-prozentige Bistums-Tochter). VMG-Chef Bernd Franken (47) spricht von einer strategischen Entscheidung: "Wir als Bistum mit einer einzigen Buchhandlung im Portfolio sind nicht die großen Experten auf diesem Gebiet. Interbook ist der kerngesunde Platzhirsch der Branche in Trier. Der Verkauf sollen sicherstellen, dass das auch auf einem sich rapide verändernden Markt so bleibt."Es habe mehrere Kauf-Interessenten gegeben. Den Zuschlag erhielt das Aachener Familienunternehmen Mayersche, mit dem man seit geraumer Zeit eine "entfernte Geschäftsfreundschaft" unterhalte. Die neuen Besitzer, in der Mitarbeiterversammlung vertreten durch die Geschäftsführer Hartmut Falter und Wolfgang Bertrams, hätten Interbook "mit allem Drum und Dran übernommen". Beim Personal ändere sich nichts. Franken: "Wir haben ein gutes Gewissen."Die Mayersche Buchhandlung ist auch für Interbook-Betriebsratschef Raphael Fuchs (36) "eine gute Wahl - wenn wir denn schon verkauft werden müssen. Das sind Buchhändler aus Leidenschaft". Auch in der Zukunftsprognose gibt es keinen Dissens mit der VMG. Glied in der Mayerschen-Kette (36 Filialen in Nordrhein-Westfalen, mehr als 1000 Mitarbeiter, Umsatz 2007: rund 150 Millionen Euro) zu sein, sichert nach Einschätzung von Fuchs "unser Fortbestehen auch über die nächsten Jahre hinaus". Die Grundstimmung in der 54-köpfigen Belegschaft sei eingedenk des noch nachwirkenden Schocks "gedämpft optimistisch". 2007 hat Interbook mit 8,3 Millionen Euro den bislang besten Umsatz im vor vier Jahren bezogenen neuen Domizil am Kornmarkt erzielt. Geschäftsführer Brausch: "Da war aber ein gewaltiger Konstantin-Jahr-Bonus mit drin." Sein Ziel für die nahe Zukunft: "Wir bauen unsere Marktführerschaft in Trier aus und festigen sie unangreifbar. Unter neuem Namen: Interbook Mayersche Trier." Meinung Zeichen der Zeit Ein "gutes Gewissen" haben die Bistums-Verantwortlichen nach dem Interbook-Verkauf. Das liegt wohl auch daran, dass die Zeichen der Zeit diesmal frühzeitig erkannt worden sind. Anders als beim unrühmlichen Ende der Paulinus-Druckerei. Die wurde vor Jahren erst danndicht gemacht, als sie keine Chance mehr hatte. Strukturwandel verpasst - heute soll das nicht mehr passieren. Interbook ist der gesunde Platzhirsch unter Triers Buchhandlungen. Aber der Markt ist härter umkämpft denn je. Die Konkurrenz rüstet auf (Thalia demnächst mit neuer Filiale in der Trier-Galerie), und der Internet-Handel gräbt den Buchgeschäften das Wasser ab. Die Übernahme durch das Familienunternehmen Mayersche eröffnet gute Zukunftsperspektiven. Zumindest mittelfristig. Wie es in elf Jahren ausssieht, wenn der Interbook-Mietvertrag am Kornmarkt ausläuft, weiß der liebe Gott. r.morgen@volksfreund.de

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