Ganztagsschule für junge Genies

TRIER. Mit Beginn des Schuljahres 2005/2006 wird das dritte rheinland-pfälzische Gymnasium mit Hochbegabtenförderung an den Start gehen. Der Standort ist das Trierer Auguste-Viktoria-Gymnasium (AVG), wo die Vorbereitungen zu diesem Projekt auf Hochtouren laufen.

Viel Gelegenheit zum Durchatmen dürfte der kommissarische Leiter der Schule, Bernhard Hügle, derzeit nicht haben. Auf dem Flur schließt sich ein Tür-und-Angel-Gespräch mit Kollegen an das andere. Es gilt, Gespräche mit Ämtern, Behörden und interessierten Eltern zu führen. Manche Fragen sind noch offen. Beispielsweise, ob und wo ein Internat für die Hochbegabten eingerichtet wird. "Da müssen wir erst mal sehen, ob dafür ein Bedarf besteht", meint Hügle. Auch die räumliche Situation muss geklärt werden, wenn ab nächsten Sommer zunächst maximal 25 Kinder in einer Klassengemeinschaft aufgenommen werden. Die Planungen sehen vor, hochbegabte Kinder und weitere Mädchen und Jungen mit einem "internationalen Hintergrund" aufzunehmen. "Das sind Kinder, die aufgrund der beruflichen Situation ihrer Eltern hier wohnen und deren Muttersprache nicht deutsch ist", erläutert Hügle. Sie müssen genauso wie die Hochbegabten eine bestimmte Qualifikation mitbringen, die durch ein Aufnahmeverfahren belegt wird. Die Bewerbung erfolgt schriftlich und formlos und mit der Angabe der Beweggründe, warum das AVG bevorzugt wird - diagnostische Gutachten können ebenfalls abgegeben werden. Die Vorteile, die Schüler der Hochbegabtenförderung/Internationale Schule in der Unesco-Projekt-Schule haben, sind folgende: Der Stoff der sechsjährigen Sekundarstufe I wird gestrafft, so dass sie nur fünf Jahre dauert. Mit Beginn des fünften Schuljahres lernen die Kinder parallel englisch und lateinisch, ab dem sechsten Schuljahr französisch. Es gibt bilingualen Sachunterricht, und es wird angestrebt, zusätzlich zum Abitur einen internationalen Abschluss anzubieten, der weltweit gleichen Inhalt hat (International Baccalaureate). Von großer Bedeutung sind zusätzliche Lernangebote in Form von Projekten, Praktika und außerschulischen Arbeitsgemeinschaften, die den rheinland-pfälzischen Lehrplan ergänzen. Der Hochbegabtenzweig wird als Ganztagsschule eingerichtet - nur freitags ist um 13 Uhr Schluss mit Büffeln. Eine Mensa wird im Gebäude der demnächst gebauten neuen MPG/AVG-Turnhalle sein. Sehr viele seiner Kollegen bereiteten sich intensiv in speziellen Arbeitsgemeinschaften auf die neue Ausrichtung der Schule vor, berichtet Hügle. "Es herrscht eine positive und produktive Stimmung an der Schule." Die für die Hochbegabten nötigen Lehrer-Qualifikationen kämen auch den übrigen Schülern zu Gute, die in gemeinsamen Projekten mit den Hochbegabten zusammen unterrichtet würden. "Noch mehr differenzieren, ein unterschiedliches Lerntempo beachten, individuellen Interessen Rechnung tragen, all das wird im Umgang mit Hochbegabten noch stärker gefragt sein", weiß Hügle. Bleibt die Frage, wer nach dem Weggang von Wolfgang Hallet der neue Leiter des AVG wird. Noch sei nichts entschieden, lässt Hügle wissen. "Aber dass ich Interesse an der Stelle habe, haben Sie sicher gemerkt." Am Samstag, 4. Dezember, findet von 10 bis 13 Uhr eine Informationsveranstaltung zur Hochbegabtenförderung für Eltern statt. Auskünfte unter Telefon 0651/1461910. Internet: www.AVG-Trier.de. Eine allgemeine Informationsveranstaltung für Eltern, die ihr Kind im nächsten Jahr anmelden wollen, bietet die Schule am 22. November, 19.30 Uhr, im Klostergebäude an. Aufnahmeverfahren: Nach der Bewerbung werden die ausgewählten Kinder eingeladen. Eine Lehrkraft wird Unterricht in verschiedenen, auch sprachlich neuen (nichteuropäischen) Fächern abhalten, ein zweiter Lehrer beobachtet die Kinder.Test und Konferenz zur Eignung

In außerschulischen Sport-, Musik- oder Kochaktionen wird ebenfalls das Verhalten der Kinder festgehalten. In diagnostischen Gruppentests wird am zweiten Tag der Intelligenzquotient ermittelt. Daran schließt sich eine Konferenz an, nach der das Christliche Jugenddorf mit einem psychologisch-pädagogischen Kompetenzzentrum (finanziert von der Nikolaus-Koch-Stiftung), die Schulleitung und der schulpsychologische Dienst eine Empfehlung aussprechen. Über die Aufnahme entscheidet der Schulleiter. Hochbegabung: Intellektuelle Hochbegabung liegt meist vor, wenn ein Intelligenzquotient von mehr als 130 gemessen wird. Hervorragende Leistungen können diese Kinder nur dann erbringen, wenn neben der persönlichen Begabung auch andere begünstigende Faktoren vorhanden sind. Mädchen werden weniger häufig als hoch begabt erkannt, weil sie sich ihrer Umgebung anpassen. Jungen machen häufiger durch auffälliges Verhalten auf sich aufmerksam.

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