Gedankensprünge durchs Gewässer

TRIER. Mit viel Geduld durch trübes Wasser: Interessante Einblicke in die große Wirkung mikroskopisch kleiner Schadstoffe gab für die 12 jungen Teilnehmer der Kinderuni-Veranstaltung "Weg mit dem Dreck".

Zwei Gläser stehen auf dem Tisch. In beiden ist Wasser, in dem einem klares, in dem anderen trübes. "Wenn ihr die zwei Gläser anschaut, was fällt euch da auf?", fragt Reinhard Bierl, der die beiden Gefäße zuvor auf den Tisch gestellt hat. Bierl ist Hydrologe an der Universität Trier, und Hydrologen, das sind Menschen, die sich mit Wasser beschäftigen. Deshalb auch seine Frage. Kaum hat er sie gestellt, zeigen neun Arme nach oben. Jeder sagt, was ihm an den beiden Gläsern auffällt oder was ihm dazu noch einfällt. Und das ist einiges. Fazit: In dem einen Glas ist trübes Wasser.Blutegel fressen roten Faden

"Nun, das Wasser ist also trüb", sagt Bierl. "Wäre das denn ein Problem?", fragt der Hydrologe weiter. Neben ihm sitzt Lukas. Lukas hat eine Stofftasche um den Hals hängen, mit einem Logo der Uni Trier. Jeder der zwölf jungen Hobby-Hydrologen, die an diesem Tag am Kinderuni-Projekt "Weg mit dem Dreck" teilnehmen, hat eine dieser Taschen bekommen. Doch zurück zur Frage, die Bierl nach abstrakten Gedanken-Exkursionen seiner Teilnehmer ein zweites Mal stellt: "Wäre es ein Problem?" Eigentlich gehe es doch keinen etwas an, meint Lukas. "Doch!", sagt Marius, der eine übergroße Sonnenbrille trägt. "Wen denn?", möchte Lukas wissen, während Sanja, das einzige Mädchen in der Runde, aus dem "o" auf ihrem Namensschild ein "a" macht. Sanja. Nicht Sonja. Wenig später erzählt sie von Blutegeln, die sie in ihrem Dorfbach gesehen habe, worauf ein anderer von der Bedeutung der Blutegel für die Medizin etwas zu berichten weiß und Bierls roter Faden durch die Veranstaltung zum wiederholten Male in dem trüben Wasser vor ihm und dem, was im entferntesten Sinne damit zusammenhängen könnte, zu verschwinden droht. Für einen kurzen Moment hat Bierl ihn wieder, den Faden, bis Marius sich meldet, dem zwischenzeitlich noch ein durchaus interessanter Aspekt zum Thema Blutegel eingefallen ist. Dann gehen alle ins Labor und messen dort gemeinsam pH-Werte, erst den von Wasser, dann den von Cola. Letzterer ist mit 3,2 erschreckend schlecht. "Da würde keine Forelle drin überleben", sagt Hydrologe Bierl und erzählt von Bächen, die in die Riveris-Talsperre fließen und in denen der pH-Wert von Cola schon gemessen worden sei. Es folgt ein weiteres Experiment mit einer brennenden Zigarette."Wie viel ist eigentlich ein Gramm?"

Danach gehen sie wieder in den Seminarraum. Nur für wenige Minuten, denn es scheint, als seien die jungen Forscher im Umfeld von Reagenzgläsern, Messgeräten und pH-Werten einfacher zu bändigen als auf Stühlen. Also auf ins nächste Labor. "Mikrobiologie" steht auf dem Schild neben der Tür. "Habt ihr eine Vorstellung, wie viel ein Gramm ist?", fragt Bierl und Marius, Träger der Sonnenbrille und an diesem Nachmittag ungekrönter Meister in der Disziplin Gedankensprung, erzählt von "Superleicht-Modellflugzeugen", die 18 Gramm wiegen. Mit einem kleinen Löffel legt Lukas etwas Zucker auf die Waage - 0,00049 Gramm zeigt diese an. Bierl erklärt, mit wie wenig Schadstoffen viel verunreinigt oder zerstört werden kann, während der kleine Philipp mit Sanja vor einem kleinen Glas-Schälchen steht, in dem Wasser und Larven sind. "Hast du schon mal Scampis gegessen?", möchte er von Sanja wissen. Wenige Meter entfernt sammeln sich die restlichen kleinen Forscher kurz vor Veranstaltungsende um zwei Mikroskope. Jeder darf mal durch schauen, auch Marius. Mit Sonnenbrille.

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