Gefühle glaubhaft vermitteln

TRIER. (red) Ein erfreuliches Gegenbeispiel zu den häufigen Klagen über Lese-Unlust vieler Schüler bot die Veranstaltung mit der Kinder- und Jugendbuchautorin Inge Meyer-Dietrich vor drei sechsten Klassen im Angela-Merici-Gymnasium.

Teils mit Büchern in der Hand verfolgten die Mädchen aufmerksam die Einführung der Autorin zu ihrem Buch "He, Kleiner", das das Thema Gewalt in der Schule behandelt. Der etwas klein geratene Max wird von drei Mitschülern immer wieder schikaniert und gequält und mag sich seinen Eltern und Lehrern nicht anvertrauen. Trost findet er nur in der Freundschaft mit Kim, die ihn in Schutz nimmt und seine Gefühle erwidert. Kaum hatte Meyer-Dietrich die Szene vorgelesen, in der Max auf dem nassen Schulhof von der Clique als Spielball missbraucht wird, hoben sich schon die ersten Finger, um die Fragerunde zu eröffnen. Die Schülerinnen erfuhren, dass die eigene Beobachtung auf einem Schulhof während einer Lesereise die Vorlage für diese Szene und Motivation für das ganze Buch wurde. Welche Voraussetzungen braucht eine Schriftstellerin? Viel lesen, viel schreiben und Menschen beobachten, erklärte die Autorin. Sie habe schon als kleines Kind den Wunsch zum Schreiben verspürt. In der Schule sei sie gut in Deutsch gewesen, doch beruflich habe sie zunächst andere Wege eingeschlagen. Nach einer Ausbildung zur Krankenschwester studierte sie Soziologie, Germanistik und Kulturwissenschaften und begann wieder mit dem Schreiben von Geschichten. Dabei gewann sie bei einem Wettbewerb den ersten Preis und fand einen Verleger für ihr erstes Buch. Weitere 20 Titel folgten, viele inzwischen als Taschenbuch verlegt. Länger als eine Stunde nahmen die Fragen der Schülerinnen kein Ende. Sie wollten nicht nur Allgemeines zum Literaturbetrieb wissen, sondern fragten sehr gezielt nach den im Unterricht und privat gelesenen Büchern. Faszinierend war für die meisten der lange Prozess von der Idee zum fertigen Buch. Die Autorin verhehlte nicht, dass Schreiben Mühe macht, sie ihre Manuskripte am Computer mehrmals überarbeitet und in diesen Perioden täglich acht Stunden am Schreibtisch sitzt. Ihr Lieblingsbuch sei stets das, an dem sie gerade schreibe. Zum Schluss blieben noch zehn Minuten für eine ergänzende Leseprobe, ehe die Schülerinnen die Autorin mit ihren Autogrammwünschen bestürmten. Inge Meyer-Dietrich hatte am gleichen Vormittag auch die Grundschule in Tarforst besucht, wo die Kinder genauso begeistert und gut vorbereitet waren. Hier las sie aus der Erzählung "Ein Kuss für Karfunkel", die von der Verliebtheit eines kleinen Jungen in einen weiblichen Clown berichtet und sprach mit den Kindern ebenfalls übers Büchermachen. Neben den heiteren Themen stellte die Autorin auch ihre ernsten Themen vor - wie etwa die Erzählung "Flieg zu den Sternen" über die Trauer um den Tod des Vaters. In ähnlicher Weise hatte sie in "Rote Kirschen" autobiografisch den frühen Tod ihrer Mutter aufgearbeitet. Um die Integration eines Ausländerkindes geht es in der Geschichte "Christina - Freunde gibt es überall", und in den "Traumgeschichten" gewinnen Alltagsbegegnungen neue Perspektiven. Die Lesereise, die das Pädagogische Zentrum in Trier organisiert hatte, führte die Autorin auch in die Grundschulen Wittlich-Wengerohr, Mehring und Kenn.

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