Gefühlte 180 Kilometer Landstraße

Montagmorgen, 8.15 Uhr: Nachdem ich leidlich festgestellt habe, dass ich am Morgen von Tawern nach Trier muss, setze ich mich viel zu früh und gut gelaunt in mein Auto. Viel zu früh? Selbstverständlich!

Man weiß ja, dass Trier sich für irgendwelche Ausstellungen fein macht, und man daher ein wenig mit Verzögerungen rechnen muss. Also starte ich fünfundvierzig Minuten vor meiner Zeit, erreiche zügig Könen und bin ein wenig verwundert, dass die Autos schon am "Donat-Kreisverkehr" stocken. Ich sinniere beim Anblick des "Donats" noch vor mich hin, ob es vielleicht besser gewesen wäre, mich mit einer Thermoskanne Kaffee zu bewaffnen, da geht es auch schon weiter. 50 Meter. Toll. Ein wenig nervös werde ich schon, aber es kann ja nicht sein, dass die Ufer-Baustelle noch am Montagmorgen, bei Berufsverkehr und Ende der Herbstferien, noch in den Dimensionen des Wochenendes vorhanden ist. Nach waghalsigen Manövern eile ich durch Karthaus, guter Dinge, da dort der Verkehr wirklich übersichtlich ist. Dann: Stop! Ende! Ab Einfahrt zum Moselufer geht nichts mehr. Allmählich wird mir bewusst, dass es die Stadt, von mir aus auch der Bauunternehmer, geschafft hat, durch tolles Verkehrsmanagement am Montagmorgen (gerne wiederhole ich mich) bei Berufsverkehr und Ferienende, den Autofluss zum Erliegen zu bringen. Vielleicht sollte man dann doch einmal zu unseren französischen Nachbarn über die Grenze schauen, bei denen "Nachtbaustellen" an der Tagesordnung sind. Ich höre jetzt schon unsere Herren Stadtplaner "Ja, dass muss man alles global sehen …" Nein, ich sehe das lokal. Ich stehe hier im Stau und mir ist es egal, ob der Besucher der Konstantinausstellung ein Schlagloch weniger oder mehr hat. "Ja das liegt in den Händen des Unternehmers…" Noch mal: Nein! Als Auftraggeber hat die Stadt Trier schon bei der Ausschreibung die Möglichkeit, Montagsbaustellen und die damit verbundenen Verkehrsinfarkte zu verhindern. Ich überlege mir, ob ich vielleicht die Mittagspause vorziehen soll, den ich sehe ja immerhin schon den "Estricher Hof". Gerade bin ich dabei, den wirtschaftlichen Schaden für viele Betriebe durch verpasste Termine oder zu spät kommende Mitarbeiter zu überschlagen, da werde ich jäh ausgebremst. In rund 500 Metern Entfernung ist das Pfeilschild zu sehen, das zum Reißverschlusssystem auffordert. In 500 Metern - was die Fahrer vor mir nicht hindert, gnadenlos auf die Bremse zu steigen, hektisch nach rechts zu schauen, verwirrt den Blinkhebel zu betätigen und sich wahnsinnigerweise in den liegenden Verkehr auf der rechten Spur zu drücken. Hochschalten - ich freue mich. Mit der unglaublichen Geschwindigkeit von 18 km/h passiere ich wild schimpfende Autofahrer und erreiche den Beginn der einspurigen Fahrbahn. Wie ich es vor Jahren in der Fahrschule gelernt habe, setze ich den Blinker und gehe davon aus, dass mich der nächste Wagen vorlässt. Es folgt gnadenloses Auffahren auf den Vordermann - in die Lücke hätte nicht einmal der TV gepasst. Vor Aufregung würgt meine etwa 80-jährige Nebenfahrerin gleich zweimal ihr Fahrzeug ab. Diese kleine Nachlässigkeit nutze ich fröhlich aus und schiebe meinen Wagen genau vor die Dame. Nachdem sich meine begeisterte Ein-Mann-Laola-Welle gelegt hat, sehe ich nach gefühlten 180 Kilometer Landstraße auch schon den Willkommensgruß der Stadt: "Grossbaustelle Südallee/Kaiserstraße" Mit Vorfreude auf meine horrende Mobilfunkrechnung verschiebe ich zwei Termine mit Kunden. Die werde ich morgen wahrnehmen, um 15 Uhr.

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