Gegen das Gesetz der Straße

TRIER. Gemeinsam gegen Gewalt: Schulen, Kindergärten und Tagesstätten aus Trier-West und Pallien haben sich in einem neuen Projekt zusammengeschlossen, um Kinder für das Thema Gewalt zu sensibilisieren. In der Grundschule Reichertsberg sind Lehrer und Erzieher geschult worden.

Wer schlägt, setzt sich durch. Und wer fester schlägt, ist der Boss auf dem Schulhof. So einfach ist das – zumindest nach dem Gesetz der Straße. Harte Schläge, wenige Worte – und bloß keine Gedanken darüber, was gerade vor sich geht.Kinder und Jugendliche für das Problem der Gewalt sensibilisieren will ein Arbeitskreis der Kindergärten und Kindertagesstätten in Trier-West, der Betreuungseinrichtungen, der Grundschulen sowie der Kurfürst-Balduin Hauptschule. Vorbeugen statt therapieren

"Es wird in jeder Einrichtung seit Jahren etwas gemacht", sagt Peter Riedel, Schulleiter der Kurfürst-Balduin-Hauptschule und Sprecher des Arbeitskreises. Ziel des vom Familienministerium in Berlin geförderten Projektes sei, die Aktivitäten zu koordinieren. Dann könne beispielsweise die Hauptschule auf die Fähigkeiten aufbauen, die Schüler bereits in Kindergarten und Grundschule erworben hätten.Mitarbeiter von Kindergärten, Horten und den Grundschulen machten sich in der Grundschule Reichertsberg in Trier- West mit dem Programm "Faustlos" des Heidelberger Präventionszentrums vertraut (Internet: www.faustlos.de). Nach diesem soll in ihren Einrichtungen gearbeitet werden. Bei "Faustlos" geht es in erster Linie um Vorbeugung. "Wir wollen keine Defizite therapieren", sagt Riedel. "Wir wollen die Gruppen in sozialer Kompetenz weiterentwickeln."In die Gefühle anderer hinein versetzen

Drei Bereiche werden bei "Faustlos geübt: Die Kinder sollen Einfühlunsgvermögen für andere Menschen entwickeln, sie sollen lernen, mit möglicherweise Gewalt auslösenden Impulsen umzugehen, und sie sollen den Umgang mit Aggression trainieren – das erklärt Diplom-Psychologe Andreas Schick, Geschäftsführer des Präventionszentrums. "Wir wollen den Kindern die Sprache zurückgeben", sagt er. "Sie sollen lernen, nicht gleich zurückzuschießen, sondern sich eine Situation erst einmal genauer anzuschauen."Oft ergäben sich neue Lösungsmöglichkeiten, wenn sich ein Kind in die Position eines anderen versetze. Auch seine Gefühle würden dann klarer. "Viele Kinder können nicht unterscheiden, ob jemand traurig ist oder wütend", sagt Schick. "Die Folgen sind mitunter verheerend." Mit Hilfe von Fotos lernen die Kinder, sich in das Gefühlsleben anderer Menschen hineinzuversetzen. Die Lehrer erarbeiten mit ihnen Lösungsalternativen für Konfliktsituationen und trainieren das Verhalten im Rollenspiel. Schick plädiert dafür, mit der Gewaltprävention möglichst früh anzufangen – und das bei allen Kindern. Zwar müssten die Schulen zunächst einmal Zeit für das Vorsorge-Programm einplanen, der Aufwand rechne sich aber später. "Ein sozial kompetentes Kind lernt besser", sagt er.Heißt das, Kinder sollen alle Konflikte mit Worten lösen? "Ach was", sagt der Psychologe. Wichtig sei, in einer Situation passend zu reagieren. Aber: "Rangeleien gehören zum Aufwachsen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort