Gegensätze ohne Übergänge

Trier . Männerchöre haben in Deutschland, ob zu Recht oder zu Unrecht, einen bestimmten Ruf. Wer in das Konzert einer solchen Chorgemeinschaft geht, hat bestimmte Erwartungen. Diese Wünsche oder teilweise auch Vorurteile sollte man daheim lassen, wenn das "ensemble 85" unter der Leitung von Martin Folz zu einem Konzert einlädt.

 Stimmen auf Weihnachten ein: Mitglieder des "ensemble 85". Foto: Gerhard W. Kluth

Stimmen auf Weihnachten ein: Mitglieder des "ensemble 85". Foto: Gerhard W. Kluth

Sich selbst beschreibt der Chor als "eine klangvolle Kombination des kernigen Sounds von 16 Männern". Erleben kann man dann tatsächlich Bässe, die problemlos einem Kontrabass Konkurrenz machen können, und glockenklare Tenöre, die in einem strahlenden Diskant schweben. Nicht in der üblichen Kategorie

Dazwischen wird das Ganze durch sauber agierende, satte Mittelstimmen aufgefüllt. Zu erleben war dieser Klanggenuss jetzt wieder zum traditionellen Weihnachtskonzert des Ensembles in St. Irminen. Man weiß auch, dass ein von Folz verantwortetes Konzert auch vom Programm her nicht in die üblichen Kategorien einzusortieren ist. Auch diesmal baute Folz Spannungen auf, stellte stilistische Gegensätze ohne vermittelnde Übergänge nebeneinander und schuf damit eine eigenartige, das zahlreiche Publikum berührende Atmosphäre. Man musste still werden, wurde dazu angeregt, über die eigene Sichtweise des Weihnachtsfestes nachzudenken. Im Mittelpunkt des mit "Rosa das Rosas" überschriebenen Konzerts stand die Rose als Sinnbild für das Weihnachtsgeschehen und für Maria. Den Auftakt bildeten mittelalterliche Hymnen wie das "Ave maris stella" oder "Gaudens in Domino", denen unvermittelt zeitgenössische Kompositionen von Morten Lauridsen (Magnum mysterium) und aus Folz' eigener Feder (Inmitten der Nacht und Es ist ein Ros' entsprungen) gegenüberstanden. Von hier aus wagte der Chor den Sprung in den Bereich der Spirituals, ließ mit "Glaube ist ein Baum" von Folz fast schon ein Credo erklingen und tauchte unter anderem mit "Vom Himmel hoch" von Franz Biebl und "Jauchzet dem Herrn" von Robert Carl in die europäische Weihnacht ein. Kerniger Sound bedeutete nicht, dass man auf Klangkultur verzichten musste. Ganz im Gegenteil zeichnet sich dieser Chor durch eine große Bandbreite an Dynamik und beeindruckende Intonationsreinheit aus. Einen besonderen Reiz erhielt das Konzert dadurch, dass sich teilweise die Sopranistin Sue Lehmann zu dem Ensemble gesellte, sowohl als Chormitglied als auch als stimm- und stilsichere Solistin. Eigentlich ist Lehmann Jazzsängerin, die aber erheblich mehr zu bieten hat, wie man etwa beim Ave maris stella feststellen konnte. Es war mehr als nur ihre geschmeidige und fulminante Stimme, die hier begeistern konnte.

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