Gelassen schlägt der Professor zu

Das TV-Verkehrsforum im großen Saal der Tufa hatte gleich zwei emotionale Höhepunkte und ging deshalb auch in eine halbstündige Verlängerung. Als es um den Radverkehr in Trier und den Schwerlastverkehr in Trier-West/Pallien ging, wurde jede Menge Adrenalin frei.

Trier. "Wer ist denn der Herr ganz rechts, der sagt ja gar nichts?" Dieser Satz kam aus der dritten Reihe im großen Saal der Tufa, und er war zu diesem Zeitpunkt durchaus verständlich. Denn in der ersten Stunde der intensiven und heftigen Diskussion beim TV-Verkehrsforum (der TV berichtete) hielt sich Professor Roland Eckert geduldig zurück und hörte zu. Als das Podium über alte und neue Probleme, Konzepte, Hürden und Hoffnungen sprach, saß der Gesandte der Bürgerinitiative gegen Schwerlastverkehr in Trier-West/Pallien still daneben. Doch seine Stunde kam, und als sie kam, wurde es in der Tufa richtig heiß.Ruhig in Auftritt und Argumentation schlug der Professor zu. Sein Vorwurf: "Die Stadt nimmt uns nicht nur nicht ernst, sie nimmt uns sogar auf dem Arm." Die Fakten: Die Bonner Straße ist die lauteste in Trier, und ab sechs Uhr morgens vibrieren Wände und Decken. Doch eine Sperrung des Doppelstadtteils für den Schwerlastverkehr scheitert an fehlenden Alternativ-Routen - so sieht es die Stadtverwaltung. "Wir haben das Vertrauen in diese Verwaltung verloren", betonte Eckert. Seine Forderung: Ein Rechtsgutachten soll klären, ob die Sperrung für die Laster tatsächlich nicht möglich ist. Doch für ein solches Gutachten hat die Stadt kein Geld.Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani hatte als einzige offizielle Repräsentantin des Rathauses den schwersten Stand auf dem Podium. "Mir sind seit Januar finanziell die Hände gebunden", sagte sie. "Trier hat keinen genehmigten Haushalt. Ich mache mich strafbar, wenn ich in einer solchen Situation Aufträge herausgebe." Mit der deutlichen Verärgerung der Zuschauer konnte sie erkennbar wenig anfangen. "Sie können ruhig ,Buh' rufen, das ändert nichts an der Situation." Professor Eckert konterte: "Ich bin mir sicher, dass die Menschen in unserem Stadtteil gerne zusammenlegen, um das Gutachten selbst zu bezahlen." Applaus donnerte durch die Tufa. Fortsetzung folgt.Ebenfalls Höchstwerte auf der Emotions-Skala erreichte der Radverkehr. Die Diskussion um dieses Thema ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass jeder der Beteiligten sich sowohl im Recht als auch im Nachteil sieht. Fußgänger müssen in der Innenstadt rasenden Radlern ausweichen, Radfahrer geraten durch die Enge auf den Hauptverkehrsachsen und durch die oft fehlende Aufmerksamkeit der motorisierten Verkehrsteilnehmer in Gefahr. Besonders die für Radfahrer gesperrte Treveris-Passage erhitzte am Dienstagabend die Gemüter in der Tufa. Die Pläne für eine Rad-Trasse, auf der man die City entweder westlich oder östlich von Nord nach Süd durchradeln kann, hat Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani ihrem Ausschuss vorgelegt. Die Mehrheit lehnte die Route jedoch ab. Ihr Urteil: praxisfern und zu weit weg. Meinung Herrliche Basis für Polemik Trier ist eine Katastrophe - aus der Sicht des Verkehrsteilnehmers, der sich täglich in der Stadt bewegen muss. Es kann auch zur Katastrophe werden, über den Verkehr in Trier zu reden. Das Thema ist eine herrliche Basis für Polemik. Autofahrer sind fußfaule Umweltsünder, Radfahrer notorische Rechtsbrecher, Fußgänger reaktionsarme Traumtänzer. Auf diese Ebene könnte man sich zurückziehen und zwei unterhaltsame Stunden erleben. Doch sechs Experten und ein sachverständiges Publikum nutzten die Chance zu einer intensiven, aber am Problem orientierten Diskussion. Besonders Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani bekam dabei Prügel für Entwicklungen, die lange vor ihrer Amtsübernahme in Trier liegen. Trotzdem ein kleiner Minuspunkt: Wer in einer solchen Situation den noch nicht genehmigten Haushalt als Verteidigung nutzen will, fordert Buh-Rufe geradezu heraus. j.pistorius@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort