Gelöst: Das Rätsel des römischen "Strandkorb"-Mosaiks

Trier · Frisch erschienen: Band 42 der Reihe "Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier", mit der das Rheinische Landesmuseum über seine Arbeit berichtet. Ein bedeutendes Forschungsergebnis ist die Lösung des Rätsels um das sogenannte "Strandkorb-Mosaik", das 1985 nahe der Konstantin-Basilika gefunden wurde.

 Mit frisch erschienenem „Funde und Ausgrabungen“-Band vor „Strandkorb-Mosaik“: Landesmuseums-Redaktionschef Jürgen Merten. TV-Foto: Roland Morgen

Mit frisch erschienenem „Funde und Ausgrabungen“-Band vor „Strandkorb-Mosaik“: Landesmuseums-Redaktionschef Jürgen Merten. TV-Foto: Roland Morgen

Trier. Das Mosaik, das Landesmuseums-Archäologen 1985 bei Grabungen im Innenhof des Kurfürstlichen Palais entdeckten, hat ein sehr ulkig wirkendes Motiv. Zwei gnomenhafte Figuren - Weiblein und schreckhaft dreinschauendes Männlein - mit Leiern in Händen und zwischen beiden ein undefinierbares Gebilde, das an einen neuzeitlichen Strandkorb erinnert. Für große Interpretationsversuche blieb damals keine Zeit. Das Mosaik, das im vierten Jahrhundert einen zum Komplex der Konstantin-Basilika gehörenden Festsaal zierte, verschwand in den Magazinen des Museums, hatte aber seinen Spitznamen weg: "Strandkorb-Mosaik".
Antikes Werk im Blickpunkt



Ein Vierteljahrhundert später rückte das antike Kunstwerk dann doch wieder in den Blickpunkt: Als Bestandteil der neuen Dauerausstellung des Museums bedurfte es einer wissenschaftlichen Deutung. Und die, vorgenommen von Frank Unruh (53), löst das Rätsel um das vermeintliche Strandmöbel und die Figuren: "Hier wird eine Theaterszene dargestellt", berichtet Unruh. "Zwischen den beiden Schauspielern befindet sich eine Schilfhütte." Womit dann auch schon fast die Handlung des Theaterstücks erklärt ist. In einer Schilfhütte zeugen Aphrodite und Anchises der Sage nach den Helden Aeneas. Diese Szene aber muss sich der Betrachter vor dem geistigen Auge vorstellen. Real zu sehen bekommt er lediglich die schicksalhafte Begegnung der Protagonisten: der Göttin, die Menschengestalt angenommen hat, und Anchises, der sich dennoch anstandshalber erst mal fürchtet. Alles in allem die minimalistische Darstellung einer beim römischen Publikum beliebten Form der griechischen Farce, die ihrerseits mit nur wenigen Requisiten auskommt. Die Schilfhütte dient dazu, die Szene zu lokalisieren. Die Vereinigung von Aphrodite und Anchises findet im Gebirge Ida statt. Die Leiern deuten laut Unruh "auf ein komisches Singspiel hin".
Unruhs Beitrag zur Deutung des Mosaiks ist eines der elf Kapitel des frisch erschienenen Bandes 42 der Reihe "Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier", in der das Landesmuseum jährlich über seine Arbeit berichtet. Das Mosaik ist zudem das Umschlagmotiv. Weitere Themen sind unter anderem der Fund keltischer Goldmünzen in Kirf, neue Bauforschungen am Amphitheater, die in der Spätantike befestigte Römervilla Bodenbach (Kreis Vulkaneifel) oder das mediale Raumtheater "Im Reich der Schatten" des Landesmuseums.
Band 42 der "Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier" (120 Seiten, broschiert) ist für 8 Euro im Shop des Landesmuseums (Weimarer Allee 1) und im Buchhandel erhältlich.

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