Gemeinsam den Rhythmus finden

Auf dem Wasser sind alle gleich: Diese Erfahrung haben Alfred Schtschepik und Thomas Jäger gemacht. Im Ruderverein Treviris trainieren die beiden Blinden mit Sehenden.

 Trainer Uli Morrissey (rechts) ist Thomas Jäger (links) und Alfred Schtschepik behilflich. Die beiden Blinden trainieren beim Ruderverein Treviris mit Sehenden. TV-Foto: Kerstin Smirr

Trainer Uli Morrissey (rechts) ist Thomas Jäger (links) und Alfred Schtschepik behilflich. Die beiden Blinden trainieren beim Ruderverein Treviris mit Sehenden. TV-Foto: Kerstin Smirr

Trier. "Ich kann beim Rudern die gleiche Leistung erbringen wie ein Nicht-Behinderter. Das ist ein wundervolles Erfolgserlebnis", sagt Alfred Schtschepik. Seit Oktober betreiben er und fünf weitere blinde Menschen beim Verein Treviris den Rudersport. Ein bis zwei Mal pro Woche sitzen sie mit Sehenden im Boot und sind auf der Mosel zwischen Römerbrücke und Staustufe unterwegs. Trainiert wird derzeit für eine Regatta am 25. August am Schloss Monaise, wo die inte grative Gruppe mit am Start sein wird. Ziel ist für Trainer Uli Morrissey aber auch, dass sehende und blinde Ruderer sich unabhängig vom Training gemeinsam zum Rudern verabreden können und die Gruppe weiter wächst.Rudern ist für Blinde ein geeigneter Sport

Die Initiative, Behinderte und Nicht-Behinderte zusammen zu bringen, sei von ihm ausgegangen, sagt der Sportstudent: "Ich habe ein Seminar im Behindertensport gemacht." Dort habe er erfahren, dass das Rudern für Blinde gut geeignet sei, da das Sportgerät sich immer gleich bewege. Die Orientierung im Raum könne der Steuermann geben. Auf der Straße sprach er Alfred Schtschepik an, und über Mund-zu-Mund-Propaganda sind seit vergangenem Oktober sechs Blinde zum Ruderverein gestoßen. "Für Blinde ist es oft sehr schwierig, eine Ausdauersportart zu finden", sagt Morrissey. Für den 30-jährigen Thomas Jäger, der seit seinem zweiten Lebensjahr blind ist, hat der Verein eine Lücke geschlossen: "Das Rudern ist genau das Richtige für mich." Sportmöglichkeiten für jüngere Blinde seien in Trier rar. Er sei überrascht gewesen vom Angebot der Ruderer. "Es gibt etliche Vereine, die sagen, dass sie sich mit der Betreuung von Behinderten nicht belasten können", erzählt Jäger, und Schtschepik fügt hinzu: "Deshalb ist es keine alltägliche Erscheinung, dass sich ein Verein bemüht, Behinderte zu integrieren." Über das Gehör orientiert er sich auf dem Boot am Rhythmus des Ruderschlags und führt so die Bewegungen gleichmäßig aus. "Wenn der Rollsitz auf der Bahn gleitet, kann ich das hören", sagt Schtschepik. Trainer Uli Morrissey achtet darauf, seine Anweisungen detailliert zu beschreiben: ",Mach mir das nach' zu sagen und etwas zu zeigen, funktioniert eben nicht." Für Christian Schmitt, der als Sehender mittrainiert, ist die integrative Gruppe ein großer Gewinn: "Wir lernen alle gegenseitig voneinander. Ich bin sensibler für meine Umwelt geworden."Viel Mut und Vertrauen notwendig

Ein blinder Mensch muss eine große Portion Mut aufbringen, um ins Boot zu steigen. Schtschepik hat sich vom ersten Moment an auf die Vereinsleute, die er bis dahin nicht kannte, verlassen. "Ich musste ein Stück Vertrauensvorschuss entgegen bringen. Anders geht es nicht." Mit dem Rudern hat er einen idealen Sport gefunden: "Ich segle sehr gerne und mit dem Rudern kann ich eine weitere Wassersportart betreiben."Wer Interesse am Rudersport in der integrativen Gruppe hat, kann sich an Trainer Uli Morrissey wenden, unter Telefon 0651/9943327. Informationen gibt es auch im Internet auf der Vereinsseite unter www.treviris.de

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