Generalprobe im Frankenturm

TRIER. Eben noch beim Einkaufsbummel, schon beim noblen Römerschmaus im Denkmal: 20 Auszubildende zu Hotel- und Restaurantfachkräften und vier Köche luden am Dienstag und Mittwoch rund 50 überraschte Passanten zum Essen in den Frankenturm ein. Das Pilotprojekt der IHK sollte die Azubis auf die Gesellenprüfung vorbereiten.

Ein bisschen angespannt, nervös und gleichzeitig fröhlich laufen die Hotel- und Restaurantfachlehrlinge und die Koch-Azubis vor dem Frankenturm durcheinander. Sind die Weinflaschen schon auf? Kommen genug Gäste? Wie sollen wir das Buffet aufbauen? Etliche Fragen müssen geklärt werden. Dass die Azubis vorher nie miteinander gearbeitet und auch noch nie selbstständig ein solch großes Essen geplant haben, macht die Sache nicht einfacher.Praxixschock und Prüfungsstress

Doch genau darin liegt der Sinn: "Die Azubis sollen ganz praktisch auf ihre Prüfung vorbereitet werden", erklärt Raúl Huerga. Der Direktor des Trierer "Park-Plaza-Hotels" sitzt im Prüfungsausschuss der Industrie- und Handelskammer und hatte die Idee zu dem Projekt.

Im Mai werden die 24 Lehrlinge aus Eifel, Hunsrück und von der Mosel ihre Gesellenprüfungen ablegen. Im schriftlichen Teil müssen dann Warenanforderungen und Abrechnungen geschrieben, Ablauf- und Arbeitspläne aufgestellt sowie Vorschläge für die passende Tischdekoration und Raumgestaltung einer imaginären Veranstaltung gemacht werden. "Wenn das vorher in der Realität eingeübt wird - mit Zeitdruck und echten Gästen - sehen die Azubis, worauf es bei der Prüfung ankommt und können sich darauf einstellen", erklärt Monika Roumen von der IHK.

Gegen 18 Uhr nippen die ersten Gäste an ihrer Römerbowle mit Sekt, Ananas und Limetten. Die angehenden Gastronomie-Fachkräfte reichen Häppchen. Um Getränke, Essen und Dekoration des Römerschmauses aufeinander abzustimmen und um alles zu organisieren, hatten sie rund neun Stunden Zeit. Morgens um 9 Uhr ging es los: Die jungen Fachleute bildeten Teams, die Koch-Azubis überlegten, welche Gänge zum Alten Rom passen würden, die Deko-Gruppe trieb Schieferplatten, Keramiktöpfe, Goldbänder und Efeu auf. Eine andere Gruppe übernahm den Lebensmitteleinkauf. Die Restaurant-Azubis verwandelten die erste Etage im Frankenturm in einen Römersaal. Für die gesamte Organisation - von den Lebensmitteln bis zu den Tischkerzen - standen 300 Euro zur Verfügung.

Mit Geige und Schifferklavier

Am Abend zeigt sich, was die jungen Leute mit Kreativität und Überredungskunst und dem relativ bescheidenen Budget auf die Beine gestellt haben: Aus weißer Tischwäsche sind römische Togen geworden, mit Efeu-Kränzen im Haar wirken die Kellnerinnen beinahe wie römische Bacchantinnen. Und sogar für einen Geiger und einen Schifferklavier-Spieler hat das Geld gereicht: "Die beiden haben in der Fußgängerzone gespielt, da haben wir sie gefragt, ob wir sie für 20 Euro engagieren könnten", erzählt die angehende Restaurantfachfrau Eva Robert aus Bescheid. "Wein- und Sektkellereien haben uns Flaschen gespendet", sagt Nicole Gründer aus Trier.

Vom Nutzen des Projekts sind alle überzeugt: "Jetzt haben wir gemerkt, wie lange alles in der Realität braucht, was auf dem Papier mal eben schnell zusammengeschrieben ist", sagt Kira Stuntz aus Zeltingen und stöhnt. "Man musste sich mit anderen Kollegen zurechtfinden und eine gute Arbeitsaufteilung finden", sagt Sarah Schäfer aus Kröv und berichtet von unerwarteten Schwierigkeiten.

"Das ist ja unglaublich!"

Doch es hat funktioniert: Das Büffet lockt mit mediterranen Vorspeisen, danach reicht die Karte von Kassler mit Sauerkraut bis zu Rieslingschaumcrème. Nun müssen nur noch die Passanten davon überzeugt werden, dass der Festschmaus für sie wirklich kostenlos ist - kurioserweise eine der schwierigsten Aufgaben.

Dafür staunen die, die sich einladen lassen, umso mehr: "Das ist ja unglaublich", sagt eine ältere Dame, nachdem sie die steile Stiege in die erste Etage des Frankenturms erklommen hat. Tatsächlich hat der ehrwürdige Raum so schön wohl selten geglänzt: Überall brennen Kerzen, die langen Tafeln sind festlich in Rot und Gold eingedeckt. Kellnerinnen warten mit entkorkten Weinflaschen. Souverän führen die Azubis ihre überraschten Gäste zu den Plätzen, die Köche heben die silbernen Deckel von den warmen Speisen. Der Römerschmaus beginnt - und was als pure Vorbereitung auf die Gesellenprüfung gedacht war, wird zum unvergesslichen Abend für die Azubis und ihre Gäste.

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