Gesamtschule muss sich noch gedulden

Eigentlich waren sich (fast) alle einig, und trotzdem wäre ein SPD-Antrag zur Integrierten Gesamtschule (IGS) im Trierer Stadtrat fast in den Mühlen des Vorwahlkampfs gescheitert. Doch am Schluss fand sich ein Kompromiss, der einen erheblichen Einschnitt für die Trierer Schullandschaft einleitet.

Trier. Am Ende waren es fast alle Ratsmitglieder, die den von OB Klaus Jensen eingebrachten Kompromissvorschlag unterstützten: Danach soll die Verwaltung alles in die Wege leiten, damit bis zum Frühjahr 2009 ein Antrag zur Einrichtung einer Integrierten Gesamtschule für Trier gestellt werden kann. Dann könnten die ersten Schüler im Sommer 2010 aufgenommen werden.

Standort und Konzept sind völlig offen

Allerdings soll, und erst diese Klarstellung verschaffte dem Beschluss die nötige Mehrheit, zuvor der Runde Tisch über Fragen wie Standort und Konzept beraten.

Zuvor hatte SPD-Sprecherin Regina Bux noch einmal die Notwendigkeit hervorgehoben, auch Trierer Eltern die Wahl dieser Schulform zu ermöglichen - und zwar möglichst zügig. Eile sei geboten, wenn man die vorgegebenen Fristen nicht verpassen wolle.

Contra gab ihre CDU-Kollegin Dorothee Bohr. Der Runde Tisch werde Anfang Dezember tagen, und dessen Votum solle der Stadtrat nicht vorgreifen. Sie habe "kein Verständnis für den Zeitpunkt", zu dem die SPD ihren Antrag stelle. Es sei "nicht sinnvoll, Mosaiksteine aus dem Konzept des Runden Tisches herauszubrechen". Der müsse "vor allem zur Standortfrage Stellung nehmen".

Für die Grünen empfahl Gerd Dahm, "doch ruhig die Dinge abzuarbeiten, die unstrittig sind". Der Runde Tisch sei sich in Sachen IGS längst einig. Es sei "eigentlich Sache der Verwaltung, das Nötige von sich aus in die Wege zu leiten", ohne dass man dafür Anträge stellen müsse. Dahm ließ Zweifel an der nötigen Kompetenz des Schuldezernats durchblicken.

UBM-Schulpolitiker Hermann Kleber äußerte Verständnis für die Intention der SPD, auch die UBM sei grundsätzlich für eine IGS. Er empfahl aber, die Sache "lieber gründlich zu machen und sorgfältig vorzubereiten als zu übereilen".

Einen gänzlich anderen Akzent setzte allein die FDP. Man lehne das Konzept einer Integrierten Gesamtschule "derzeit aus grundsätzlichen Erwägungen ab", sagte Karl-Josef Gilles. Die FDP befürworte stattdessen das bestehende dreigliedrige Schulsystem. Am Ende gehe die IGS noch zu Lasten eines Gymnasiums. Da machte sich selbst bei den Christdemokraten Überraschung breit, dass ausgerechnet die Liberalen auf jene Position aufspringen, die selbst die konservativsten CDU-Bildungspolitiker inzwischen aufgegeben haben.

Schuldezernent Ulrich Holkenbrink erläuterte noch einmal das Verfahren zur Genehmigung einer IGS durch die ADD. Es sei noch bis zur Stadtratssitzung Ende Januar möglich, die notwendigen Beschlüsse im Stadtrat zu fassen.

Eine Zeit lang sah es so aus, als käme es trotz der unstrittigen Feststellung von Gerd Dahm, "dass wir doch alle ganz nahe beieinander sind", nicht zu einem Beschluss. Bis OB Jensen die Kompromisslösung fand, der sich außer der FDP und zwei Einzelstimmen aus CDU und UBM alle Ratsmitlieder anschlossen.

Nun soll der Runde Tisch am 4. Dezember das Thema Integrierte Gesamtschule beraten, inklusive der Standortfrage. Interesse haben die Schulzentren auf dem Wolfsberg und am Mäusheckerweg angemeldet. Eine spannende Entscheidung zeichnet sich ab.

Meinung

Von Dieter Lintz

Nur noch eine Frage der Zeit

Dass der Stadtrat eine Gesamtschule für Trier will, und zwar bald, ist ein Meilenstein für die Trierer Bildungslandschaft. Egal, wie man zu dieser Schulform steht, sie gehört zu einem breiten Angebot. Gut, dass sich der Rat angesichts dieses Grund-Konsenses nicht über Formalitäten zerstritten hat. Natürlich hat so ein Antrag mit Wahlkampf zu tun, aber sicher auch mit der Befürchtung, das bislang nicht besonders geschickte Handling des Runden Tisches durch die Verwaltung könne am Ende den rechtzeitigen IGS-Antrag gefährden. Richtig ist aber auch die Mahnung, nicht zu hetzen, sondern die IGS-Entscheidung sorgsam abzuwägen. Nicht die Frage, ob. Sondern die Frage, wo und wie. Vor allem letzteres ist wichtig. Eine funktionierende Gesamtschule braucht ein tragfähiges inhaltliches Konzept - und Lehrer, die es umsetzen. Es wäre fatal, wenn sich die Diskussion in Trier allein auf den räumlichen Standort fokussieren würde. d.lintz@volksfreund.de

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