Geselliges Abhängen auf der Wiese

IRSCH. Eigeninitiative statt Konsum: Ein selbst organisierter Treff bringt Abwechslung in den Alltag von Jugendlichen im Stadtteil Irsch.

 Treffpunkt Wiese: Bei schönem Wetter verbringen die Irscher Jugendlichen den Abend im Freien.Foto: Wolfgang Lenders

Treffpunkt Wiese: Bei schönem Wetter verbringen die Irscher Jugendlichen den Abend im Freien.Foto: Wolfgang Lenders

Schöne Lage, aber relativ tote Hose: In puncto Freizeitgestaltung hat Irsch Jugendlichen nicht allzu viel zu bieten. Die Vereine und Organisationen betreiben zwar Nachwuchsarbeit, viele junge Leute fühlen sich aber im Vereinsleben nicht wohl. Dem Abgrenzungsbedürfnis der Jugendlichen entgegen kommt ein weitgehend informell organisierter Treff im ehemaligen Vereinshaus des Sportvereins. Das Gebäude liegt fern von Anwohnern, die sich über Lärm beschweren könnten. "Wir dürfen eigentlich alles machen", meint Ariane Zeidler (17). Sorge bereitet den Jugendlichen aber das immer näher rückende Neubaugebiet am Ortsrand. Mehrmals die Woche treffen sich die 15- bis 19-jährigen Schüler und Auszubildenden in dem Flachbau hinter dem Sportplatz. "Am Wochenende sind wir 20, in der Woche kommen meist zehn", erzählt Bettina Marx (19), die den Kontakt zum Sportverein aufrecht erhält. Mit Möbeln vom Sperrmüll haben sich die Teens eingerichtet. Ein paar Sofas gibt es in dem Haus, eine Bar, einen Computer - und sogar ein Fernseher, aber der hat schon vor langer Zeit seinen Geist aufgegeben. Restlos glücklich sind die Jugendlichen mit dem Treff im alten Sportlerheim aber nicht. "Manchmal nimmt man uns den Schlüssel weg", berichtet Ariane Zeidler. Der Grund seien Konflikte über die Reinigung des Raums und die Kosten gewesen.Ersatz-Treff Dorf-Gasthaus

Vom letzten Winter ist noch eine Stromrechnung über 300 Euro offen - das Gebäude wird elektrisch beheizt. "In den Sommerferien könnten wir eine große Party machen", schlägt Sabrina Thomas (15) vor. Den Gewinn will sie für die laufenden Kosten verwenden. Mitunter sehen sich die jungen Leute auch als Sündenbock. "Am Pavillon war eine Scheibe zertrümmert", erzählt Bettina Marx. "Natürlich hieß es gleich, wir seien das gewesen. Dabei spielen auf der Wiese jeden Tag Kinder Fußball." Damit sie den Raum regelmäßig nutzen durften, mussten die Jugendlichen Mitglied im Sportverein werden. Gelegentlich vermietet der Verein sein altes Heim aber auch für private Feiern. Wenn das Sportlerheim besetzt ist, muss das Dorfgasthaus Wollscheid-Dittmer als Ersatz herhalten. Der Enkel der Wirtin ist Mitglied der Clique. Bei schönem Wetter ist freie Natur angesagt: Auf einer Wiese oberhalb des Ortes verbringen die Jugendlichen lange Nächte am Lagerfeuer - mit Grillsteaks, Würstchen, Bier und Mixgetränken. "Wir kommen mit Autos und Rollern hier hoch und haben Decken, Holz und Grillzeug dabei", erzählt Thomas Kiefer (18). Auch ein Zelt stand schon neben dem Feuer. "Geschlafen wird aber zu Hause", sagt Sabrina Thomas. Der Bauer, dem die Wiese gehört, duldet die nächtlichen Aktivitäten - vorausgesetzt, es bleibt kein Müll liegen. In die Innenstadt zieht es die jungen Irscher nicht sehr oft. Nina Schmitz (15): "Früher waren wir häufiger dort. Jetzt hat keiner mehr Lust dazu." Wenn es doch mal in die Stadt geht, sind meist Großereignisse der Anlass. "Klar. Beim Altstadtfest waren wir natürlich", sagt Sabrina Thomas. Obwohl sie seit ihrem 16. Geburtstag Besitzerin eines Rollers ist, wünscht sie sich eine bessere Busanbindung: "Die Linie 84 müsste öfter fahren", meint die Schülerin. Nicht so recht begeistern können die Jugendlichen die Feste in Irsch. "Das ist eher was für ältere Leute", meint Sabrina Thomas. "Wir stehen auf HipHop." Ganz auf die lokale Tradition möchte sie aber nicht verzichten: "Zur Fastnacht gehen wir hin. Dafür ist Irsch ja bekannt."Morgen Thema in unserer Stadtteil-Serie: der Kulturverein Irsch.

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