Gesundheit auch für Arme

Gut 100 Fachkräfte aus dem Sozial- und Gesundheitswesen besuchten gestern im Bürgerhaus Trier-Nord den Fachtag "Kindergesundheit in der sozialen Stadt". Ausrichter war das "Netzwerk Regionaler Knoten Rheinland-Pfalz".

 Zahlreiche Fachleute verfolgen die Tagung zur Kindergesundheit im Bürgerhaus Trier-Nord. TV-Foto: Frank Göbel

Zahlreiche Fachleute verfolgen die Tagung zur Kindergesundheit im Bürgerhaus Trier-Nord. TV-Foto: Frank Göbel

Trier. (fgg) Als Landesministerin für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit eröffnete Malu Dreyer die Fachtagung "Kindergesundheit in der sozialen Stadt", zu der sich am Montag gut 100 Teilnehmer im Bürgerhaus Trier-Nord eingefunden hatten. In einem Grußwort stellte sie klar, dass Armut und die damit einhergehende soziale Benachteiligung Negativfaktoren für die Kindergesundheit seien. Die Arbeit der "regionalen Knoten" stellte sie als wichtigen Schritt heraus, der Problematik ganzheitlich zu begegnen.

Der Magdeburger Sozialwissenschaftler Dr. Raimund Geene fasste die Problemstellung in seinem Vortrag zusammen: "Armut ist heute infantil", sagte er dabei, einige wirkten fassungslos. Geene zeigte für diese Reaktion Verständnis, wirke der Begriff doch erstmal skurril, doch bilde er die bittere Realität gut ab: Während die Altersarmut derzeit kein wirkliches Problem darstelle, seien speziell in kinderreichen Familien die Mittel knapp. Die Armut bedeute allgemein eine geringere Bildung, auch in Sachen Gesundheit: Kommt es dann auch noch zu einer "frühen und überforderten Elternschaft", entstehe eine Armutsspirale.

Dabei seien oft gerade die, die am dringendsten Hilfe benötigten, gar nicht in der Lage, sich diese auch zu organisieren. Es sei daher wichtig, dass Projekte zur gesundheitlichen Förderung vor Ort in den "Millieus" stattfinden und die Verantwortlichen auch genau wüssten, wer die "Zielgruppe" ist.

Dazu zeigte Geene Fotos aus der Broschüre einer Versicherung: Das dort abgelichtete idealisierte Familienidyll im Grünen sei sicherlich ungeeignet, um Menschen in "schwierigen" Millieus anzusprechen.

"Frühe Hilfen" müssen ausgebaut werden



Geene plädierte für einen Ausbau der "frühen Hilfen": Wolle man bei Eltern ein besseres Bewusstsein für die Kindergesundheit erreichen, solle möglichst früh damit begonnen werden. Gerade um die Geburt herum seien viele Eltern noch am ehesten gewillt, ihr Leben zu ändern und Dinge anders anzugehen. Zudem seien Störungen in der frühkindlichen Verhaltensregulation die Vorläufer für spätere Auffälligkeiten.

In einer Podiumsdiskussion diskutierten sieben Vertreter von Ämtern und Verbänden die momentane Lage und ihre Herausforderungen. Armin Lang vom Verband der Angestellten-Krankenkassen sprach sich dafür aus, Prävention auch zu betreiben, indem "krankmachende Zustände geändert werden". Achim Hettinger machte Mut und sprach seinen Respekt aus, besonders den Frauen in den sozialen Brennpunkten: Die hätten dann doch oft eine höhere Frustrationstoleranz als ihnen gemeinhin zugestanden würde.

Nach der Dikussion bestand für die Teilnehmer noch die Möglichkeit, einen von drei Workshops zu besuchen. Anschließend wurde eine "Toolbox" vorgestellt, die speziell konzipierte Materialien zur Gesundheitsförderung und -erziehung enthält. HINTERGRUND Regionaler Knoten: Als "regionale Knoten" bezeichnen sich bundesweite gegründete, lokale Koordinierungsstellen zur Gesundheitsförderung sozial benachteiligter Menschen in den einzelnen Bundesländern: Dabei arbeiten unter anderem Ministerien, Krankenkassen, Verbände und soziale Einrichtungen zusammen, um mit "niedrigschwelligen" Angeboten vor Ort die Situation zu verbessern. Ein reger Erfahrungsaustausch soll zwischen den einzelnen "Knoten" helfen, die Projekte laufend zu verbessern. (fgg)

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