Gewalt zum Mitnehmen

TRIER-NORD. Das Handy surrt für einen kurzen Moment – eine Nachricht ist eingegangen, nichts Ungewöhnliches. Doch bei Kindern und Jugendlichen kursieren immer mehr Fotos und Videos mit Gewaltdarstellungen. Sie zeigen Prügel, Vergewaltigungen, Exekutionen. Im Rahmen der Gewaltpräventionswochen erklärte Polizeihauptkommissar Jürgen Paulus – Experte für Jugendkriminalität – interessierten Zuhörern im Ex-Haus Hintergründe und technische Aspekte von Gewalt auf Schülerhandys.

 Polizeihauptkommissar Jürgen Paulus von der Polizeischule am Flughafen Hahn ist Experte für Gewalt auf Schülerhandys.TV-Foto: Kim-Björn Becker

Polizeihauptkommissar Jürgen Paulus von der Polizeischule am Flughafen Hahn ist Experte für Gewalt auf Schülerhandys.TV-Foto: Kim-Björn Becker

"Das musst du dir unbedingt ansehen", sagt ein Jugendlicher und reicht seinem Freund sein Handy. Oftmals gilt es als Mutprobe, sich Gewalt verherrlichende Fotos oder Videos anzusehen, weiß Polizeihauptkommissar Jürgen Paulus von der Polizeischule Flughafen Hahn. Und nicht selten wird solches Material von Handy zu Handy weitergegeben. Im Rahmen der neunten Auflage der Gewaltpräventionswochen steht in diesem Jahr auch das Thema "Gewalt auf Schülerhan-dys" im Mittelpunkt. "Wissen wir immer, was unsere Kinder mit ihren Handys machen?", fragt Paulus. Immerhin haben 92 Prozent aller 12- bis 19-Jährigen ein eigenes Mobiltelefon, die meisten davon sind mit integrierter Kamera ausgestattet. Rechtsextreme Propaganda und Pornografie

"Die Phänomene von Gewaltdarstellungen auf Handys reichen dabei von rechtsextremer Propaganda über so genanntes ‚Cyberbullying' bis hin zu ‚Happy Slapping' und extremen Gewaltdarstellungen", sagt Paulus. Was verbirgt sich hinter den englischen Begriffen? "Beim ‚Cyberbullying' geht es um Schikanierung und Mobbing von einzelnen Jugendlichen über das Handy. Private Videos werden zum Beispiel herumgereicht und verbreiten sich schnell, oft mit schweren Folgen für die Betroffenen." Ganz anders das so genannte "Happy Slapping", was so viel heißt wie "fröhliches Schlagen": "Eigentlich ist der Begriff grotesk", sagt Paulus, "denn bei diesem Phänomen schlagen Jugendliche auf ein wahlloses Opfer ein und filmen die Szene mit dem Telefon." Der Bereich der Gewaltdarstellungen ist breit gefächert und reicht von Vergewaltigungsszenen bis hin zu Exekutionen. "Manche so genannte ‚Snuff-Videos' sind gestellt, aber es gibt auch immer wieder authentisches Filmmaterial", erklärt Paulus. Dieses kommt dann oftmals aus Kriegsgebieten und zeigt beispielsweise, wie ein Soldat mit einem Messer erstochen wird. Alles in hoher Auflösung und von Handy zu Handy problemlos übertragbar. "Dieses Material lässt sich leicht von Internetseiten aus den USA oder Holland beziehen, denn dort fällt das alles unter die freie Meinungsäußerung. Eine Ermittlung unsererseits läuft dort ins Leere." Rechtliche Konsequenzen sind breit gefächert

Die Kinder und Jugendlichen, zumeist Jungs, beziehen das problematische Material dabei von Internet-Tauschbörsen sowie aus Chaträumen oder Internetforen. "Die rechtlichen Konsequenzen hängen dabei vom Einzelfall ab", betont der Kommissar. "Oftmals wird das Recht am eigenen Bild verletzt, aber auch Straftatbestände wie Beleidigung, Nötigung, Körperverletzung und Vergewaltigung fallen darunter." Eltern sollten sich zur Vorbeugung vor allem mit der Technologie vertraut machen, mit anderen Eltern oder Lehrern sprechen und vor allem die Kinder über die Gefahren der modernen Medien aufklären. "Dann kann zumindest verhindert werden, dass Kinder dieses Material ungewollt bekommen", so Paulus.

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