Giftmord in Adelskreisen

TRIER. (mew) Singen, schlemmen und sterben. Die Spielarten des menschlichen Daseins lagen an diesem Abend nah beieinander. Während die Gäste auf Coolroy Castle Einblicke in das verworrene Familienleben der Coolridge-Dynastie erhielten, geschieht ein Mord. Doch wer ist der Täter? Verdächtige gibt es mehr, als die Lady des Hauses Juwelen um ihren Hals trägt. Garniert wurde der Krimi von einem Viergang-Menü mit blutigen Anleihen.

Schaurige Paprikavinaigrette, düstere Waldpilzessenz, mit blutroten Tomaten gefüllte Perlhuhnbrust und Rieslinggelée aus heimischen Spukschlössern - der Auszug aus der Speisekarte verspricht schaurige Momente. Doch es beginnt erfreulich. Nicht nur, dass jeder Gast namentlich angekündigt und höchstpersönlich von Lady Daphne (Gabriele Quast) in schicker Pelzstola empfangen wird, auch das Dauergrinsen ihrer quirligen Tochter Felicitiy (Christina Knebel) hat einen Grund: Sie hat sich mit dem schnieken Schotten Andrew Steve Morton (Nadeem Ahmed) verlobt.Gäste werden zu Akteuren

Dass die Schauspielerriege nicht komplett das im Programm aufgeführte Rollenrepertoire ausfüllt, ist bewusst. Spontan werden Gäste mit Requisiten ausstaffiert und in die Inszenierung integriert. Dabei liegen Realität und Bühnenversion manchmal näher beieinander, als man denkt. Als die Darmstädter Truppe Ulrich Jürchott zu Dr. Finn macht, ahnte sie nicht, dass er auch im wirklichen Leben Arzt ist. Seine kundigen Informationen über eventuelle Vergiftungsursachen und sein sichtlicher Arbeitseifer verraten jedoch den Mediziner aus Leidenschaft. Die geht sogar so weit, dass er die Inszenierung zu sprengen droht, weil er nicht wirklich eingeplante Spritzen setzen will. Nur das beherzte Eingreifen von Lady Daphne, die ihn galant, aber bestimmt an seinen Platz zurückgeleitet, kann ihn stoppen. Nicht weniger ambitioniert präsentieren sich Claudia Puth (arbeitet in der Autobranche) und Klaus Schmitt (ein Bremer, der gerade in Trier Urlaub macht) als Geschwisterpaar Peeble. Sie gibt die lyrisch angehauchte Lady vom Lande, die ihre Limericks auf einem Stuhl stehend zitiert. Er hingegen verkörpert den wortgewandten Pfarrer. Mit abenteuerlichem Schummel-Latein ("Klimakterium oder Krematorium") vollzieht er die Verlobung von Felicitiy und Andrew und segnet später die dem Strichnin zum Opfer gefallene Mrs.Wilson. Höhepunkt des schwarzen schottischen Humors ist die "Pennys-for-heaven"-Zeremonie, in der die soeben Verstorbene auf einem Teewagen durch die Tischreihen geschoben und jeder Gast gebeten wird, sie mit reichlich Münzen zu bewerfen, um sie von ihren Sünden freizukaufen. Das Kleingeld klimpert auf dem leblosen Wesen. Während die spontan engagierten Laiendarsteller ungeahnte Talente offenbaren, zeigen die Darmstädter professionellen Umgang mit dem Schauspielfach. Bemerkenswert, wie Benedikt Christoph Bautz als Butler Ambrose die Etikette verkörpert. Sein Vortrag der Speisekarte ist filmreif. Er verausgabt sich beinahe in puncto Mimik und Gestik, um das Vier-Gänge-Menü an Mann und Frau zu bringen. Als Luftikus im Schottenrock tritt Nadeem Ahmed als Andrew auf und beteuert viel versprechend: "Ich trage den Kilt natürlich original". Eine unglaubliche Präsenz hat Jürgen Reinecke. Diese steigert sich noch, als er sein BBC-Reporter-Kostüm gegen die Klamotte des Major Blunt eintauscht. In der Khaki-Uniform wirkt er ein bißchen wie der Ameisenoberst aus der Biene-Maja, nur mit mehr Umfang. Dass er es ist, der den Mörder dingfest macht, passt. Aber ohne die Hilfe seiner Tante (Bettina Muckenhaupt), der Seniorin mit der Schwäche fürs Detektivische, wäre er nie darauf gekommen. "Giftmorde sind meistens Frauenmorde", pauschalisiert Dr. Finn fachkundig und erntet Lacher. Ob er Recht hat? Das erfährt man nur beim persönlichen Besuch auf Coolroy Castle. Zusatztermine: 18. November, 16. Dezember jeweils um 19.30 Uhr. Info: www.Dinnerkrimi.de

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