Graue Stellplätze statt grüner Vorgärten

TRIER-OST. Vorgartenschwund in Triers Osten: Zahlreiche Grünflächen in der Kurfürstenstraße und Am Deimelberg mussten bereits Autostellplätzen weichen. Jetzt sorgen sich Anwohner um den Charakter ihrer Straßen und appellieren an die Stadt, den Trend zur Versiegelung zu stoppen.

Blühende Landschaften im Osten: Seit Jahrzehnten zählen die Straßen am Fuße des Petrisbergs zu den begehrtesten Wohnadressen der Stadt. Prächtige Häuser, schmucke Vorgärten, kaum Verkehr - all das sorgte lange Zeit für den unverwechselbaren Charme des Viertels. Stadtnah und doch ruhig gelegen, ließ es sich in Trier-Ost bestens leben. Das lässt es sich auch heute noch. Doch wähnen einige Anwohner ihre Wohnlage vor dem Niedergang, fürchten Trierer "Ossis" um den Charakter ihres Viertels. Denn in den vergangenen Jahren verschwanden zahlreiche der für das Straßenbild so charakteristischen Vorgärten vom Erdboden. Natur musste neuen Autostellplätzen weichen, grauer Asphalt verdrängte lebendiges Grün. In der Kurfürstenstraße sowie Am Deimelberg scheint der Trend zur Versiegelung kaum noch zu stoppen. Eine Entwicklung, die auch Rosmarie Liebhäuser-Murtzen auf den Plan ruft, sieht sie doch "ihre" Kurfürstenstraße ernsthaft in Gefahr: "Unser altes Stadtviertel hat sich schon jetzt enorm verändert", beklagt sie und glaubt zu wissen: "Irgendwann tut es allen leid". Ähnlich äußert sich Nachbar Franz-Josef Schneider: "Die nichtssagenden Stellplätze zerstören das ganze Flair der Straße." Mehr als zwei Dutzend Anwohner haben bereits eine Unterschriftenliste gegen den Vorgartenschwund unterzeichnet. Im Rathaus gibt man sich machtlos und verweist stattdessen auf die schwierige Situation im Osten der Stadt. Schwierig vor allem für Autobesitzer, denn dass es an allen Ecken und Enden an Stellplätzen fehlt, leugnen selbst Zeitgenossen nicht, die ohne Auto mobil sind. Zahlreiche Anwesen wechselten in den vergangenen Jahren ihren Besitzer, und häufig schufen die neuen Eigentümer erst einmal Stellplätze, um die Wohnungen besser vermarkten zu können. Selbst ein Teil eines Spielplatzes musste bereits für Parkraum weichen (der TV berichtete). Auch die Stadtverwaltung bedauert die Entwicklung, behauptet Pressesprecher Ralf Frühauf gegenüber dem TV , doch man sehe keine Möglichkeit, dieser Einhalt zu gebieten: "Für die Stadt ist es sehr schwierig, hier reglementierend einzugreifen", sagt Frühauf. Da nichts Gegenteiliges im Bebauungsplan festgelegt sei, könnten die Hauseigentümer grundsätzlich Stellplätze auf ihren Grundstücken schaffen. Die gesamte Parkfläche dürfe jedoch 50 Quadratmeter nicht überschreiten. Eine Nachweispflicht für Stellplätze existiere für die Hauseigentümer in den betroffenen Straßen jedoch nicht, stellt Frühauf klar. Dass Hauseigentümer auf ihren Grundstücken Stellplätze anlegen, wird jedoch dann zum Problem, wenn dadurch öffentlicher Parkraum verschwindet. Und da sowohl in der Kurfürstenstraße als auch Am Deimelberg parallel zum Bürgersteig geparkt wird, fallen mit den privaten Einstellplätzen öffentliche Parkmöglichkeiten weg. Damit sei der "Gemeingebrauch" der Straßen streckenweise berührt, räumt auch die Stadt ein, doch gehe man davon aus, dass in den privaten Stellplätzen auch jene Autos geparkt würden, die zuvor an der Straße standen, so Frühauf. "Die Parkplatznot wird dadurch eher noch verschärft", meint hingegen Anwohnerin Helga Schneider. Schließlich würden öffentliche Stellplätze wegfallen. Ein weiteres Vorgehen, das wohl kaum ohne Kenntnis der Stadtverwaltung vonstatten gehen dürfte: Oft werden Bordsteine abgesenkt, damit die Zufahrt zu den Stellplätzen weit gehend ebenerdig möglich ist. Ein Ansatz für die Verwaltung, dem Vorgartenschwund Einhalt zu gebieten?Stadtverwaltung hat kein Handhabe

Wohl kaum, denn im Rathaus ist man davon überzeugt, dass auch künftig die Hauseigentümer über das Schicksal ihres Vorgartens entscheiden werden. Schließlich dürfte die Verwaltung inzwischen kaum noch Möglichkeiten haben, dem Trend zur Versiegelung ein Ende zu bereiten. Zwar könnte der Stadtrat eine Satzung beschließen, die den Erhalt der vorhäuslichen Grünflächen festschreibt, doch wären Klagen von Hauseigentümern dann nur noch eine Frage der Zeit. Schließlich ließe sich nur noch schwer begründen, weshalb der eine Anwohner weiterhin seinen Vorgarten hegen und pflegen müsste, derweil sein Nachbar lediglich den Asphalt der Stellplätze kehrt. Rosmarie Liebhäuser-Murtzen ist entschlossen, für Triers Osten zu kämpfen. Das Viertel müsse vor seiner "weiteren Verschandelung" bewahrt werden, fordert sie und hofft noch immer, dass die Nachbarn denken wie sie: Erst kommt das Straßenbild, dann die Stellplätze.

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