Grüne Daumen und verlorene Herzen

KÜRENZ. Wilhelm Müller hat nicht nur einen grünen Daumen, sondern auch ein grünes Herz - und das ist nicht politisch, sondern botanisch gemeint. Er ist einer von mehr als 1200 Kleingärtnern in Trier. Sein Fleckchen Glück liegt im Stadtteil der Kleingärten, in Kürenz.

Eigentlich war Wilhelm Müller Kleingärtnern gegenüber etwas skeptisch eingestellt. Gartenarbeit interessierte in nicht so sehr, erzählt er und hat sichtlich Schwierigkeiten sich an "damals", wie er es nennt, zu erinnern. Das ist mehr als zwanzig Jahre her. Heute kann sich der Rentner ein Leben ohne Garten, Gemüse und Gladiolen kaum noch vorstellen. Seit 1980 pflegt und pflanzt, mäht und buddelt er zusammen mit seiner Frau seine rund 400 Quadratmeter in der Kleingartenanlage "Neu-Kürenz" auf dem Petrisberg. Wenn es das Wetter zulässt sei er jeden Tag da - nicht selten schon früh um fünf.Und wenn das Wetter mal nicht so gut ist . . .? "Dann bin ich häufig auch hier", sagt Müller, der seit 2002 sogar Vorsitzender des Gartenvereins ist, und lacht. Das glaubt man gerne, wirft man einen Blick auf Müllers Erholungsoase. Zur Linken ist seine Frau gerade damit beschäftigt Blumen in hellgraue Pfalzsteine zu setzen, gleich neben ihr wachsen die krausen, recht harten Blätter des Grünkohls stattlich in die Höhe. Zur Rechten bedeckt Feldsalat den unkrautfreien Boden.Das ganze Jahr über versorgen sich viele Kleingärtner mit Nahrhaftem aus dem eigenen Garten. "Im Geschäft haben wir schon lange kein Obst und Gemüse mehr gekauft. Der Garten bietet doch alles was das Herz begehrt. Der Garten ist unser Leben."Ähnlich geht es auch Karl-Heinz Naumann und Stefan Dimic. Wie Wilhelm Müller, so haben auch die beiden Vorsitzenden zweier anderer Kürenzer Kleingartenvereine ihre Herzen im Kleingarten verloren. Dimics' zweites Zuhause liegt nur wenige hundert Meter entfernt von Wilhelm Müllers. Denn direkt an den Kleingartenverein "Neu-Kürenz", am Nord-Osthang des Petrisberges, hin zum Aveler Tal, grenzt der "Aveler Berg"; 45 Gärten umfasst die Anlage. Im Kleingartenverein "Petrisberg", dem dritten des Stadtteils, liegt zwischen 79 anderen Gärten das grüne Wohnzimmer von Karl-Heinz Naumann. Zusammen mit der Kleingartenanlage der Eisenbahner am Grüneberg ist Kürenz der Stadtteil der Kleingärten.Doch die Kleingärtner, die sich nur ungern Schrebergärtner nennen lassen, plagen Nachwuchssorgen. "Vor etwa zehn Jahren konnten wir uns die Leute, die Gärten pachten wollten, aussuchen. Heute scheuen die Meisten die feste Verpflichtung", klagt Stefan Dimic. Vor allem junge Leute seien zwar Feuer und Flamme, wenn sie einen Garten besichtigen, die regelmäßige Arbeit schrecke sie aber fast immer ab. Insgesamt stehen von den 1200 im Stadtverband organisierten Gärten 30 frei. Das führt dazu, dass immer mehr Vereine überlegen, ihre Anlagen zu verkleinern. Müller, Naumann und Demic hoffen, dass das in Kürenz so schnell nicht der Fall sein wird. Denn die Gärten sind schließlich ihr Leben.Die Anlagen der Kleingartenvereine sind täglich von etwa sieben Uhr bis zum Einbruch der Dunkelheit für jedermann geöffnet. Garten-Interessenten können sich entweder direkt an den jeweiligen Kleingartenverein oder an den Stadtverband wenden.Morgen in "Kürenz - ganz nah": Fast vergessen - die Riveris-Siedlung.

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