Grüne Garbes hat gute Chancen neue Trierer Sozialdezernentin zu werden - "Das war immer mein Ziel“

Trier · Um ein Haar wäre Elvira Garbes bei ihrer eigenen Partei durchs Raster gefallen. Nun stehen ihre Chancen bestens, Triers neue Sozialdezernentin und Bürgermeisterin zu werden. Im TV-Gespräch erzählt die gebürtige Eifelerin von ihren Vorstellungen für Trier.

 Elvira Garbes, derzeit Amtsleiterin im nordrhein-westfälischen Bornheim, will Triers neue Bürgermeisterin und Sozialdezernentin werden. Foto: privat

Elvira Garbes, derzeit Amtsleiterin im nordrhein-westfälischen Bornheim, will Triers neue Bürgermeisterin und Sozialdezernentin werden. Foto: privat

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Zwischen Chorweiler und Trier gibt's Parallelen: Anfang der 2010er regierte in dem Kölner Stadtteil eine schwarz-grüne Koalition, bei der die Christdemokraten dem grünen Juniorpartner die Besetzung des Postens der Bezirksbürgermeisterin überließen. Auch Trier hat ein schwarz-grünes Bündnis im Stadtrat. Und auch hier gilt die Vereinbarung, dass die grüne Stadtratsfraktion mehr oder wenige bestimmen darf, wer die im März 2018 freiwerdende Bürgermeisterstelle erhalten soll.

Dass die Grünen - insbesondere die Partei und deren Bundestagsabgeordnete Corinna Rüffer - gefordert hatten, dass der ansonsten mit Männern besetzte Stadtvorstand durch eine Frau ergänzt werden soll, hatten die Voraussetzungen für eine grüne Bewerberin nahezu perfekt gemacht.
Elvira Garbes, die in Köln-Chorweiler wohnt, wusste also, wie der Hase läuft. Trotzdem ließ sie in ihrer Bewerbung um den Posten in Trier unerwähnt, dass sie ein grünes Parteibuch hat. "Ich wollte mit meiner Erfahrung und meiner Qualifikation punkten, nicht mit meiner Farbe", sagt die 61-Jährige.
Fast wäre die Taktik schiefgegangen. Denn die Trierer Grünen machten sich offenbar nicht die Mühe, Garbes Namen zu recherchieren und herauszufinden, dass es sich um ein gestandenes Parteimitglied handelt. Stattdessen sortierten sie ihre Bewerbung aus.
Bei der Trierer SPD machte Garbes Lebenslauf dagegen offenbar genügend Eindruck. Anders als Grüne und CDU luden die Sozialdemokraten die Leiterin des Amts für Jugend, Kinder und Schulen im nordrhein-westfälischen Bornheim zum Vorstellungsgespräch ein. Für die Gesprächsrunde hatte jede Fraktion ihre eigenen Favoriten nominiert. Alle Eingeladenen stellten sich am Samstag allerdings allen Fraktionen vor. Und so stand Garbes dann auch plötzlich vor ihrer eigenen Partei - und überzeugte nicht nur diese. Von nahezu allen Fraktionen verlautete Positives über die Kölnerin. Dass Garbes bis dahin den Grünen nicht aufgefallen war, sei auf eine "Kommunikationspanne" zurückzuführen, erklärte grünen Fraktionschef Reiner Marz auf TV-Nachfrage ausweichend.Als die Grünen am Montagabend wieder zusammenkamen, um sich auf einen Kandidaten für die Bürgermeisterwahl festzulegen, war die Sache trotzdem offenbar nicht ganz einfach. Schließlich hatten die Grünen bis dato den Mainzer Sozialrichter David Profit und die Trierer Geschäftsführerin des Sozialdiensts katholische Frauen auf ihrer Liste (der TV berichtete). Drei Stunden dauerte die Diskussion - und die Überzeugungsarbeit der Fraktionsspitze - stattdessen Garbes aufzustellen. Die Erleichterung, jemanden gefunden zu haben, der den Wunsch nach einer Frau im Stadtvorstand erfüllt, ein grünes Parteibuch hat und auch beim schwarzen Koalitionspartner als "gestandene Sozialpolitikerin" einen so guten Eindruck gemacht hat, dass sich die Christdemokraten einstimmig für ihre Kandidatur ausgesprochen haben, war den Grünen denn auch deutlich anzumerken.
SPD, FDP und Linke hatten sich am Dienstagabend noch nicht festgelegt, wen sie bei der Bürgermeisterwahl ins Rennen schicken wollen. Mit der Unterstützung des schwarz-grünen Mehrheitsbündnisses plus den beiden AfD-Stimmen dürfte Garbes der Wahlsieg allerdings so gut wie sicher sein.Am Telefon gibt sich die 61-Jährige, die zwei Töchter, einen Sohn und zwei Enkeltöchter hat, gegenüber dem TV denn auch entsprechend entspannt. Dass sie mit 61-Jahren noch mal neu durchstarten will, habe nichts damit zu tun, dass sie unzufrieden mit ihrer jetzigen Stelle sei. "Dezernentin zu werden - mit entsprechender Verantwortung und den Gestaltungsmöglichkeiten - war immer mein Ziel", sagt sie. Dass sich nun ausgerechnet in Trier die Möglichkeit ergibt, sei doppelt schön. Schließlich stamme sie gebürtig aus Wallenborn bei Daun in der Eifel. "Früher bin ich mit meinen Eltern oft nach Trier zum Einkaufen gefahren, es wäre schon toll, in die Stadt meiner Kindheit zurückkehren zu können."
Konkrete Vorschläge, wie es in Trier in Sachen Wohnungsbau oder Kinderbetreuung weitergehen soll, habe sie noch nicht in der Schublade. "Aber ich kann klar sagen, dass es mir sehr am Herzen liegt, bezahlbaren Wohnraum für Menschen zu schaffen, die auf den unteren Stufen der Einkommensleiter stehen - es kann nicht sein, dass solche Familien es sich nicht leisten können, in Trier zu wohnen." Auch bei der Kinderbetreuung sei es ihr ein großes Anliegen, ein ausreichendes Angebot zu schaffen. Angesichts der Tatsache, dass von den rund 60 Trierer Kitas mehr als 40 in kirchlicher Hand sind, müsse man bei der Ausschreibung der Trägerschaft künftiger neuer Kitas überlegen, ob man bestimmte Auswahlkriterien festlegt. "Etwa, dass der Träger seine Mitarbeiter nach Tarif zahlen muss oder dass Religion und Familienstand keine Rolle bei der Einstellung von Erzieherinnen und Erziehern spielen darf", sagt Garbes.
In Sachen Bildung wünscht Garbes sich, dass das Trierer Schulamt künftig wieder dem Sozialdezernat zugeordnet werden soll. "Ich habe zwar Verständnis dafür, dass man wegen des großen Sanierungsstaus von Schulen und Turnhallen das Schul- und Sportamt dem Baudezernat zugeschlagen hat - meiner Meinung nach sollte das aber vorübergehend sein", sagt Garbes. "Denn Schule hat für meine Begriffe doch mehr mit Pädagogik und Sozialem zu tun als mit Baufragen und die Schnittstelle zu Belangen des Jugendamts ist auch größer als die zum Hochbauamt."Dass die Erkenntnis, was in einer Verwaltung alles verbessert werden muss und die Umsetzung dessen zwei Paar Schuhe sind, räumt Garbes ein. "Aber ich habe seit meinem Studium durchgehend im Bereich Soziales gearbeitet, an drei unterschiedlichen Verwaltungen, unter anderem im Kölner Jugendamt. Ich weiß, wie Dinge laufen. Und ich kenne mit aus mit Haushaltsdingen und habe seit Jahren Budgetverantwortung", erklärt die 61-Jährige selbstbewusst.Extra

Garbes will volle Amtszeit leisten
Im März 2018 feiert Elvira Garbes ihren 62. Geburtstag. Im gleichen Monat würde sie - vorausgesetzt, sie gewinnt die Bürgermeisterwahl am 6. November tatsächlich - ihren neuen Job mit achtjähriger Amtszeit antreten. Laut Landesbeamtengesetz gilt für gewählte Kommunalbeamte keine Altersbefristung. Garbes dürfte zwar in ihrem 65. Lebensjahr einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand stellen - dem dann auch entsprochen werden müsste. Sie dürfte aber auch die komplette Amtszeit, also bis zu ihrem 70. Geburtstag, im Amt bleiben. "Und das würde ich auch tun!", betont Garbes. Kommentar

Havarie verhindert
von Christiane Wolff

"Manöver des letzten Augenblicks” heißt es beim Segeln, wenn mit mutiger Wende gerade noch so eine Kollision mit einem anderen Schiff vermieden wird. Geht's gut, sind Boot und Mannschaft gerettet und alle froh. Verzettelt man sich in der Hektik und gibt die falschen Kommandos, droht die Havarie.
Ein Manöver des letzten Augenblicks, das haben auch die Trierer Grünen am Montagabend hingelegt. Denn der Links-Grüne Bewerber David Profit wäre der CDU wohl nur schwer zu vermitteln gewesen. Und die parteilose Regina Bergmann einer in Politik und Verwaltungsdingen erfahrenen grünen Parteifrau vorzuziehen, hätte die grüne Fraktion nur sehr schwer ihrer grünen Basis klarmachen können. Auch deswegen ist Garbes die beste Wahl.
Wenn die SPD sich nun auch für die 61-Jährige entscheidet, könnte es erstmals nach mehr als einem Jahrzehnt eine Beigeordnetenwahl geben, hinter der der Stadtrat mit großer Mehrheit steht.
Dass die Wahl ganz abgesehen von Qualifikation und Erfahrung auch von politischem Kalkül getrieben ist, liegt in der Natur der Sache. Und sollte die unterlegenen Kandidaten nicht enttäuschen.
Vielmehr gebührt ihnen Respekt und Dank für ihre Kandidaturen, die sie samt und sonders mit offenem Visier gemeistert haben.
c.wolff@volksfreund.de

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