Güterzug im Wohnzimmer

KÜRENZ. Zwei Nachbarn streiten erbittert, der Eine ist nach Ansicht des Anderen zu laut - Alltag im dicht besiedelten Deutschland. Auch Magdalena Jeanplong streitet seit Jahren. Hier geht es jedoch nicht um Kinder, die lautstark im Garten toben. Ihr Nachbar in der Kürenzer Nellstraße ist eine industrielle Produktionshalle, in der Glas geschnitten wird.

"Das aus dieser Halle kommende Geräusch erinnert an einen Güterzug in voller Fahrt", sagt die Kürenzerin, die mit ihrem Mann Siegfried ein Sanitär- und Heizungsbauunternehmen führt. "Man weiß auch nie, wann es los geht. Zwischen 6 und 23 Uhr kann der ohrenbetäubende Lärm, der unser Haus absolut ungefiltert erreicht, jederzeit beginnen." Urheber dieses Lärms ist die Wipa-Glas GmbH. Mit dieser Gesellschaft streitet Familie Jeanplong bereits seit Jahren - auch vor Gericht. "Ohne Berücksichtigung der speziellen örtlichen Verhältnisse erhielt die Wipa-Glas vor dem Hintergrund der allgemeinen Bauordnung die Genehmigung zur Errichtung einer Lager- und Montagehalle", fasst Magdalena Jeanplong zusammen. "Die zuständigen Behörden müssten doch wissen, dass bei dieser räumlichen Enge eine erhebliche Lärmbelästigung entsteht." Eng ist es in der Tat: Die Wipa-Glas-Halle ist nur wenige Meter von den Wohnzimmer- und Küchenfenstern der Familie Jeanplong entfernt. Eine groteske Situation, und doch waren bisher alle Beschwerden beim Bauaufsichtsamt und alle gerichtlichen Schritte vergebens. Denn die Nellstraße liegt nicht in einem Wohn-, sondern in einem Mischgebiet. Diese dienen laut Baugesetzbuch "dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören". Bauliche Anlagen sind nur dann unzulässig, "wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen, die (...) unzumutbar sind". Und die Emissionen der Wipa-Glas GmbH sind eben nicht unzumutbar, so sieht es die Justiz. Magdalena Jeanplong verlor in allen zivil- und verwaltungsrechtlichen Instanzen. Aufgeben will sie trotzdem nicht. "Wir haben uns absolut nichts vorzuwerfen", sagt Wipa-Glas-Chef Gisbert Wiszinski. "Der von unserer Krananlage verursachte Lärm liegt deutlich unter den Werten, die man in einem Mischgebiet tolerieren muss." Hier sieht Jeanplong-Anwalt Christian Kruchten jedoch trotz aller bisheriger Niederlagen vor Gericht einen weiteren Ansatzpunkt: "Diese Krananlage entspricht nicht dem aktuellen Stand der Technik und verursacht Lärm über die Toleranzgrenze hinaus. Das ist durch ein Gutachten belegt." Kruchten weiter: "Hier liegt unseres Erachtens ein Verstoß gegen das Bundesemissionsschutzgesetz vor. Seltsamerweise reagiert das Bauaufsichtsamt nicht auf unsere Schreiben." Zumindest in diesem Punkt kann Familie Jeanplong geholfen werden. "Die Anfrage liegt uns vor", sagt Frank Simons, Leiter des Bauaufsichtsamts, auf TV -Anfrage. "Ich gebe mir in solchen Fällen eine Reaktionszeit von bis zu einem Monat. Eine sorgfältig erarbeitete Antwort wird demnächst kommen, aber hier ist nicht wirklich was dran." Was brennt Ihnen auf den Nägeln? Schildern Sie uns Ihr Problem auf maximal einer Din-A-4-Seite und schicken Sie es als Brief an: Trierischer Volksfreund , Stichwort: " TV bringt's voran", Hanns-Martin-Schleyer-Straße 8, 54294 Trier, oder als E-Mail an: thema@volksfreund.de. Oder rufen Sie uns an unter Telefon 0651/7199-475

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