Gut bedient im "Gasthof zum Pleitegeier"

TRIER. Schröer und Holkenbrink bei einer sinnvollen Betätigung erleben - dieses rare Vergnügen bot die traditionelle närrische Rathaus-Inspektion. OB und Kulturdezernent fungierten als Kneipen-Bedienung im "Gasthof zum Pleitegeier".

So schnell kann\\'s gehen. Gestern noch Oberbürgermeister, nunnur noch Ober. Aber wenn schon, dann richtig. Stilecht alsKöbesse ausstaffiert, schaffen Helmut Schröer und sein KollegeUlrich Holkenbrink das Gaffel-Kölsch herbei, auf besonderenWunsch auch Bitburger Pils und Augenscheiner Riesling. Einüberaus verantwortungsvoller Job, schließlich wollen weit über100 durstige Narren-Kehlen versorgt werden. Da, wo die rotierenden Herren sonst thronen, machen sich das Prinzenpaar Christoph I. von der City-Initiative und Carmen I. vom Verkehrsverbund mit großem Gefolge breit. Klarer Fall: Der Stadtvorstand hat nix mehr zu melden, und der Stadtrat auch nicht. Den gewählten Volksvertretern bleibt nur die Publikums-Rolle in dem zur Großraumkneipe umfunktionierten altehrwürdigen Rathaussaal. Angesichts des irreal-existierenden Machtvakuums übernimmt "Hausmeister" Manfred Stehle das Kommando. "Unn, sinnse och öfters hier?", will das vorwitzige Faktotum von Köbes Helmut wissen. "Jao. Dat kammer so sagen . . ." Viel weiter kommt der entmündigte OB nicht, weil die Meute schon wieder nach frischem Trunk giert und schreit.

Schröer raus zum Tresen, Stadttheater-Sangeskünstler rein: Andreas Scheel (Bariton), Peter Koppelmann (Tenor) und Evelyn Czesla (Sopran) verwöhnen das närrische Volk mit Opern-Genusshäppchen à la "Barbier von Sevilla". Da verdient sich auch der Mann am Klavier (Christoph Jung) ein Bier.

Den Rest des kulturellen Rahmenprogramms bestreiten wie alle Jahre wieder die "üblichen Verdächtigen": De Funkis mit ihren Sessions-Gassenhauern (gibt es auch auf der neuen CD "Kreuz und quer"), die himmlisch gewandete Leiendecker-Bloas, die unter anderem ihren neuen Hit "Petrus" intoniert, und Gabi Hermesdorf als "et Rösjen".

Wenn einem so viel Gutes wird beschert, das ist doch eine Schunkelrunde wert. Dazu bläst die Stadtgarde Augusta Treverorum.

Während sich Schröer und Holkenbrink weiter fleißig dem Kölsch-Nachschub widmen, wird draußen im Foyer darüber spekuliert, wo denn die schmerzlich vermissten übrigen drei Rathaus-Protagonisten stecken könnten. Baudezernent Peter Dietze? "Der hat doch mit Karneval nix am Hut. Vielleicht fährt er gerade Spurbus." Wirtschafts-Frau Christiane Horsch? "Kleinfamiliär verhindert." Und Sozial- und Sportdezernent Georg Bernarding? "Das hier ist dem zu blöd", will einer aus ganz sicherer Quelle wissen.

Im Rathaussaal steuert die Inspektion ihrem dramatischen Finale entgegen. Die Tollitäten verlangen, die Stadtkasse zu sehen. Und die ist, oh Schreck, "ja noch leerer als im Einzelhandel", stellt Prinz Christoph fest. Da hilft nur noch eins. Prinzenpaar und Hofstaat erklären den karnevalistischen Ausnahmezustand und übernehmen die Macht. Erste Amtshandlung: Narren-Präsident Peter Pries bläst zum Sturm auf die von Pfeifer Catering gesponserten Kanapees.

Feierabend für die beiden Köbesse. Den Inhalt von vier Kölsch-Fässern (120 Liter) haben sie an den Mann gebracht. "Da kann ja wohl keiner ernsthaft behaupten, im Trierer Rathaus würde man nicht gut bedient", sinniert Schröer.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort