Gute Manieren und starke Nerven

TRIER. Koblenz hat es nicht, Ludwigshafen auch nicht, Trier schon: ein Referat für protokollarische Angelegenheiten. Dessen Leiterin Ruth Mereien-Gürke sorgt dafür, dass beim Empfang einer hohen Persönlichkeit alle Anreden stimmen und jeder dort steht, wo er soll. Die Pflichten des Protokoll-Teams, das mit 267 000 Euro im Trierer Haushalt steht, reichen jedoch weit darüber hinaus.

"Der Begriff Protokoll-Referat kann in die Irre führen", räumt Ruth Mereien-Gürke ein. "Ich muss manchmal erklären, dass ich weder Knöllchen schreibe noch für die Protokolle der Ausschuss- und Stadtratssitzungen zuständig bin." Ihr Job sind protokollarische Angelegenheiten. "Hier gelten die Regeln der Diplomatie."Korrekte Kleidung, richtige Ansprache

Die Protokoll-Chefin und ihre drei Mitarbeiterinnen kümmern sich um den angemessenen Empfang prominenter Gäste der Stadt Trier. "Staatsbesuche laufen zwar selten über unser Referat, darum kümmert sich die Staatskanzlei in Mainz", erklärt Ruth Mereien-Gürke. Doch manchmal wollen die Botschafter oder Majestäten gezielt in die Römerstadt, und dann muss das Trierer Team ran - von der korrekten Kleidung über die richtige Ansprache bis zur passenden Tisch- und Standordnung. "Besonders herausfordernd war der Besuch der dänischen Königin", erinnert sich die 49-Jährige - Mehr dazu im Kurzinterview. - Demnächst kommen Großherzog Henri und Großherzogin Maria Teresa aus Luxemburg - diesen Empfang regelt das Trierer Protokollreferat ohne Unterstützung der Staatskanzlei, denn die hohen Gäste kommen nur nach Trier. "Darauf freuen wir uns sehr", sagt Ruth Mereien-Gürke. Der Termin steht noch nicht fest. Doch die Staats- und Prominentenbesuche füllen weder die Arbeitstage eines kompletten Referats noch rechtfertigen sie die im Verwaltungshaushalt 2005 vorgesehenen Kosten von 267 000 Euro. Im Jahr davor waren es wegen der Landesgartenschau sogar 317 000 Euro. "Wir haben noch sehr viel mehr zu tun", sagt Ruth Mereien-Gürke. 109 städtische Veranstaltungen hatte ihr Team 2004 im Griff. "Wir organisieren die Repräsentationen des Oberbürgermeisters oder eines Stellvertreters." Alle Alters- und Ehegratulationen - vom 80. Geburtstag bis zur Eisernen Hochzeit - laufen über das Protokollreferat. Wird ein Einwohner der Stadt Trier für eine Auszeichnung des Landes oder Bundes vorgeschlagen, prüft Mereien-Gürkes Referat die Kriterien. Dazu kommen Städtepartnerschaften. "Wir betreuen die Gäste und vermitteln Kontakte", erklärt die Protokoll-Chefin. Trier hat sieben Partnerstädte - die 1957 mit dem britischen Gloucester geschlossene Partnerschaft ist die älteste. "Die Vereine, die sich um diese Verbindungen kümmern und sie pflegen, sind eine enorme Unterstützung für uns", sagt Ruth Mereien-Gürke. "Seit wir sie haben, boomen die Partnerschaften."Henry Maske durch die Hintertür 'rausgeschmuggelt

Wie wird man Leiterin eines Protokoll-Referats? "Ich bin nach dem Studium der Humanistik und Anglistik als Hotelfachfrau ausgebildet worden", sagt die Herrin der Etikette. "Dabei habe ich gelernt, mit hohen Gästen umzugehen." 1988 kam die gebürtige Eifelerin zur Stadtverwaltung. "Man brauchte wegen der Städtepartnerschaften jemanden mit Fremdsprachenkenntnissen." Ein Besuch wird dem Trierer Protokoll-Team immer in Erinnerung bleiben. 1995 kam Henry Maske, damals noch ungeschlagener Box-Weltmeister auf der Höhe seines Ruhms, nach Trier - allerdings inkognito, weil er ein befreundetes Ehepaar besuchen wollte. Es gab ein geheimes Gespräch im Trierer Zimmer zwischen OB Helmut Schröer und dem Faustkämpfer. Dennoch kamen die Schüler des benachbarten Hindenburg-Gymnasiums dahinter. "Hunderte verließen ihre Klassenzimmer, stürmten das Rathaus und wollten Henry Maske sehen", erinnert sich Ruth Mereien-Gürke. "Wir mussten ihn zum Hinterausgang herausschmuggeln." Dieser Ausgang heißt seitdem "Henry-Maske-Weg".

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