Gymnasien: Eltern geben Note mangelhaft

TRIER. Die Arbeitsgemeinschaft der Gymnasialelternbeiräte in Trier (AGT) stellt den sechs Gymnasien ein schlechtes Zeugnis aus: unzureichende Unterrichtsversorgung, mangelhafte personelle und finanzielle Ausstattung, gravierende Baumängel, ungenügende Lehr- und Lernmittel. Vier Politiker stellten sich in der Volkshochschule kritischen Fragen.

"Politiker in Bund, Land und Kommunen erklären gerne die Schul- und Bildungspolitik zum wichtigsten Politikfeld. Aber wenn es konkret wird, dann wird auf die Zuständigkeit anderer verwiesen", behauptet die AGT. Und in Trier stehe am Ende der Kette eine völlig verschuldete Stadt. "Diese räumt offen ein, dass die Haushaltsmittel bei weitem nicht reichen, um den gesetzlichen Verpflichtungen eines Schulträgers nachzukommen", sagt AGT-Mitglied Jörg Lauer. Damit müsse Schluss sein. In der Volkshochschule stellten sich vier Politiker den Fragen der AGT: Staatsministerin Malu Dreyer (SPD), Staatssekretärin Stefanie Lejeune (FDP), der Landtagsabgeordnete Reiner Marz (Grüne) und Erhard Lelle (CDU). Laut AGT nützt es wenig, Bildungsstandards und Qualitätsmaßstäbe festzulegen, wenn über die Anschaffungen an Lehr- und Lernmitteln der Rotstift des Stadtkämmerers entscheidet. "9000 Euro jährlich stehen dafür in Trier einem Gymnasium mit 1000 Schülern zur Verfügung", sagt AGT-Mitglied Wolfgang Specht. Heißt: neun Euro pro Schüler pro Jahr. Die Ausstattung von Physiklaboren stamme teilweise aus den 60er-Jahren, einige Mikroskope aus den 30ern. Mit diesen Fakten konfrontiert, überkam Erhard Lelle (CDU) "das kalte Grausen". Zum Thema Unterrichtsausfall meint die AGT: "Die von Eltern und Schülern tatsächlich erlebten Fehlstunden liegen mitunter weit höher, als die offiziellen Statistiken glauben machen. 98,5 Prozent rechnerische Unterrichtsversorgung reichen nicht aus, um etwa krankheitsbedingte Ausfälle aufzufangen." Dazu wäre nach Ansicht der Elternbeiräte ein Personalbestand von etwa 107 Prozent notwendig. Lelles (CDU) und Marz´ (Grüne) Forderung: eine staatliche Unterrichtsgarantie. Lejeune (FDP) glaubt dagegen nicht, dass 107 Prozent Lehrer-Personalbestand verwirklicht werden könnten. Personalbedarf hätten auch andere, ebenso wichtige Teile der öffentlichen Verwaltung. Nach Ansicht von Dreyer (SPD) müsse unterschieden werden zwischen der strukturellen Unterrichtsversorgung und dem zeitweiligen Ausfall, etwa durch Krankheit. Sie gab zu bedenken, dass es bei ausbleibendem Lehrernachwuchs künftig schwierig werden könnte, selbst die heutige strukturelle Versorgung zu halten. Zur Bekämpfung des temporären Ausfalls wies sie auf das von der Landesregierung geschaffene "Projekt Erweiterte Selbstständigkeit" (PES) hin. Laut AGT leidet die Bau-Erhaltung der Gymnasien unter einem Sanierungsstau. "Die Stadtverwaltung hat ermittelt, dass weniger als 40 Prozent der Mittel zur Verfügung stehen, die notwendig sind, um den Status Quo zu erhalten", so Specht. Dafür äußerten einige Elternvertreter wenig Verständnis, da viel Geld für umstrittene Großprojekte ausgegeben werde. Malu Dreyer betonte die Verteilung von Aufgaben und Verantwortung zwischen dem Land und den Kommunen. Das Land könne nicht ausgleichen, was in Trier über viele Jahre versäumt worden sei. Stefanie Lejeune warnte davor, die Schulträgerschaft gegen andere kommunale Aufgaben wie den Erhalt von Schwimmbädern und Sportstätten auszuspielen.Behindert die Stadt die Ganzstagsschule?

Die Schulelternbeiräte halten Klassen und Kurse mit 30 oder mehr Schülern für zu groß, um die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens zu vermitteln. Dreyer, Marz und Lejeune bezweifelten, dass Kurse in dieser Stärke die Regel seien. Sie hielten es für wenig wahrscheinlich, dass kurzfristig Verbesserungen möglich seien. Erhard Lelle stellte die CDU-Vorstellungen vor, das Kurssystem in der gymnasialen Oberstufe abzuschaffen und durch Kernfächer zu ersetzen, in denen die Abiprüfung abgelegt werden müsse. Die AGT kritisierte auch die Höhe des Fahrtkostenzuschusses (etwa 1,2 Millionen Euro), den die Stadt als Oberzentrum und Träger vieler Schulen leiste. Dies verstärke die akute Finanznot der Kommunen. Weitgehend einig waren sich die Politiker, dass der neue Landtag eine umfassende Reform des kommunalen Finanzausgleichs in Angriff nehmen müsse. "Wo Ganztagsschulen eingerichtet werden, fließen erhebliche Fördermittel von Bund und Land", sagt AGT-Mitglied Miriam Lörz. Aber auch hier scheitere manches an den Trierer Verhältnissen. Die Politiker waren sich einig, dass eine pädagogisch sinnvoll gestaltete Ganztagsschule nur in entsprechend ausgestatteten Räumlichkeiten stattfinden könne und der Aus- und Umbau der betroffenen Schulen voll unterstützt werden müsse. Dies aber scheitere an der ablehnenden Haltung der Stadt, den 30-prozentigen Anteil der Kosten zu übernehmen.

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