Härtetest an der Disko-Tür

Nach massiven Vorwürfen gegen die Trierer Großraum-Diskothek A 1 wegen der Einlass-Politik hat der TV die Praxis vor Ort verfolgt. Ergebnis: Nur ein Bruchteil der Gäste wird abgewiesen, meist wegen Trunkenheit oder Minderjährigkeit.

 Die Türsteher Ralf Stoiber und Ansgar Klencher (von links) prüfen am Eingang zur Disko, ob die jungen Damen volljährig sind. TV-Foto: Marcus Hormes

Die Türsteher Ralf Stoiber und Ansgar Klencher (von links) prüfen am Eingang zur Disko, ob die jungen Damen volljährig sind. TV-Foto: Marcus Hormes

Trier. In vielen Internet-Einträgen und Leserbriefen beklagen sich Betroffene über den Musikpark in Trier-West. Tenor: Menschen, deren Aussehen ausländische Wurzeln vermuten lässt, wird angeblich der Zutritt verweigert (der TV berichtete). Die Betreiber weisen Rassismus-Vorwürfe entschieden zurück und lassen sich zum Beweis des Gegenteils über die Schulter schauen.

Freitagabend, 22 Uhr. Sechs Türsteher gehen auf dem roten Teppich in Position. Sie achten auf die Kleidung der Gäste: Baseball-Kappen, Sport- und Motorrad-Klamotten sowie dreckige Schuhe stehen auf dem Index. Im Fall extraweiter Hosen belassen es die Kontrolleure meist bei der Bitte, beim nächsten Mal etwas Angemessenes anzuziehen.

22.15 Uhr. Das ungepflegte Äußere eines jungen Mannes fällt auf. Türsteher Kader erklärt ihm in aller Ruhe die Möglichkeit, sich zu rasieren und umzuziehen. Einsichtig zieht der Gast samt Kumpel ab. "Leider reagieren manche schnell aggressiv, wenn wir sie ansprechen. Wartet eine Schlange vor dem Eingang, bleibt keine Zeit für lange Erklärungen", sagt Gernot Pichler, Chef des Sicherheits-Teams.

Rasieren, umziehen, wiederkommen



22.25 Uhr. Plötzlich nähert sich ein etwa 40-jähriger Mann mit blutüberströmtem Kopf. Auf seiner Stirn klafft eine riesige Platzwunde. Er sei von einer Brücke gestürzt, gibt der stark Betrunkene zu verstehen. Die Türsteher rufen einen Rettungswagen und kümmern sich bis zu dessen Eintreffen um den Verletzten. "Wer kann etwas Russisch?", fragt der Sanitäter von der Berufsfeuerwehr in die Runde. Kader, der sechs Sprachen spricht, übersetzt die wirren Worte des Verletzten. Er wird ins Krankenhaus gebracht.

22.50 Uhr. Die Türsteher sortieren einen jungen Deutschen aus, weil er mal Ärger gemacht haben soll. "Sie verwechseln mich", widerspricht der Gast, wirkt allerdings ziemlich angetrunken. Mehr Glück hat der junge Mann von vorhin, inzwischen frisch rasiert und umgezogen. "Alles klar, geht doch", winkt ihn Kader durch.

Immer mehr Feierwillige strömen herbei. "Muss man hier was machen?", fragt eine leicht verunsicherte Frau. "Einen Handstand", antwortet Ralf Stoiber schlagfertig.

23.30 Uhr. Auch der weggeschickte junge Deutsche versucht es erneut, diesmal an der Seite seiner Freundin. Doch für ihn gibt es kein Durchkommen.

Sein Schicksal teilen in dieser Nacht nur wenige. Einer Gruppe von fünf Männern südländischen Typs empfiehlt Kader, sich im Internet als Clubmitglieder zu registrieren. "Wenn sie aus der Anonymität herauskommen, sinkt das Gefahrenpotenzial", weiß Gernot Pichler aus langjähriger Erfahrung.

Die friedliche Stimmung drinnen wiederum gefällt den Stammgästen: "Die Einlasskontrolle ist hier viel besser als in anderen Läden", sagt der 18-jährige Maximilian in Begleitung von Elena und Eva.

1.12 Uhr. Schichtende für den TV-Reporter. Während die Türsteher in der Kälte ausharren, brennt bei der Party drinnen die Luft. Menschen aller Hautfarben feiern gemeinsam - und ohne Zwischenfälle.

Meinung

Undankbare Aufgabe

Jeder, den die Türsteher nicht in die Disko lassen, bringt auch kein Geld ein. Insofern müssen sich die Betreiber etwas dabei denken, wenn sie freiwillig auf Einnahmen verzichten. Großraum-Diskotheken in Großstädten bleibt schlicht nichts anderes übrig, als ihr Hausrecht auszuüben und mehr oder weniger hart auszusieben. Andernfalls würden sie sehenden Auges das Unheil heraufbeschwören. Die Aufgabe, bei Tausenden von Feiernden eine angenehme und friedliche Atmosphäre zu garantieren, ist schwierig und undankbar. Denn jeder Abgewiesene wird sich ärgern. Türsteher müssen sich innerhalb kürzester Zeit ein Bild vom Problem-Potenzial machen, das vom Einzelnen oder einer Gruppe ausgeht. Hautfarbe und Nationalität dürfen dabei keine Kriterien sein. Alkoholpegel und hitzige Reaktionen schon. So weit die Theorie. Inwieweit dies beim Trierer A1 in der Praxis stets sauber umgesetzt werden kann und wird, muss sich an jedem Abend in jedem Einzelfall aufs Neue zeigen. Wenn Türsteher und Gäste immer so besonnen handeln wie beim TV-Test, dann wäre beiden Seiten geholfen. m.hormes@volksfreund.deExtra Einlasskontrolle:Alter: Wer seine Volljährigkeit nicht nachweisen kann, muss draußen bleiben. "Ausweis vergessen", gilt nicht. Mischung: "Dürfen nur noch Clubkarten-Besitzer und ältere Gäste rein, weil die Räume für die junge Zielgruppe voll sind, fühlt sich mancher benachteiligt", berichtet Gernot Pichler. "Die Mischung muss stimmen." Personal: "Wir werden bedroht und als Nazis beschimpft. Dabei schicken wir auch Deutsche weg, wenn sie aggressiv wirken", sagt A1-Betriebsleiter Farhoud Farahani, der selbst persische Wurzeln hat. "Mehr als die Hälfte unseres Personals stammt aus dem Ausland." (cus)

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