Harmonie im Narrenkäfig

Trier · Trier ist an Weiberfastnacht immer wieder für ein Novum gut. 2012 massenhafte Alkoholexzesse Jugendlicher, 2013 als Reaktion darauf eine alkoholfreie Blitzproklamation, nun eine umgitterte Feierzone mit Einlasskontrollen. Im Narrenkäfig feierten insgesamt 7000 Karnevalsfreunde den Auftakt der tollen Tage.

Trier. "Wir lassen uns die Fastnacht nicht verbieten", singen die Zalawener Duckentchen, die das Bühnenprogramm im Narrenkäfig auf dem Hauptmarkt eröffnen. Das ist nicht nur Unterhaltungsmusik, sondern auch eine programmatische Ansage. Die Duckentchen stehen, wie Tausende andere Karnevalsfans, auf Kriegsfuß mit behördlich verordneter Beschränkung von Brauchtum.
Das, was an Weiberfastnacht 2014 auf dem Hauptmarkt offiziell stattfinden darf, ist ein aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft Trierer Karneval (ATK) hart erkämpfter Kompromiss. Mit dem Resultat könne man leben: "Wir hätten natürlich gerne auf hohe Gitter und Sichtschutz verzichtet, sind aber froh, dass das Publikum seine helle Freude hat", bilanziert ATK-Chef Andreas Peters am späten Nachmittag.
Begonnen hat der Tag mit dem üblichen Brimborium. Prinz Marc II. nimmt, unterstützt von der Stadtgarde Augusta Treve rorum und Abordnungen aller Karnevalsgesellschaften, gegen 10 Uhr das Rathaus kampflos ein - und staunt angesichts des Anblicks, der sich ihm im Büro von OB Klaus Jensen bietet. Der vierköpfige Stadtvorstand, gewandet in feine Fräcke und so viel Pomade in den Frisuren wie die komplette italienische Fußball-Nationalmannschaft. Großes Rätselraten, wen die Herrschaften darstellen wollen. Fürsten der Finsternis? "Aber nein!", klärt das Stadtoberhaupt auf, "Wir sind die Comedian Harmonists." Ach so …
Eine Stunde später haut Jensen diesen brachialen Scherz noch einmal raus, diesmal auf der Hauptmarkt-Bühne. Komödianten ja, aber Harmonie? Die Gesangseinlage des gemischten Männerchores (mit zwei Dezernentinnen) klingt kläglich. Da helfen alle Beteuerungen ("Wir haben eine super Zusammenarbeit im Stadtvorstand - Harmonie pur, von Dissonanzen keine Spur") nichts: Prinz Marc II. hat endgültig die Faxen dicke, entmachtet die Stadtväterinnen und -väter und kündigt bessere Zeiten unter seiner Regentschaft an. So werde er die Wiederanbindung Triers ans Fernzug-Netz veranlassen. Großer Jubel.Blumen und Orden für Petrus


Sodann begibt sich Majestät in Begleitung von Hof- und Herzensdame Sabina Stark per Feuerwehr-Drehleiter in luftige Höhen zur Brunnenfigur von Stadtpatron Petrus. Der hat Orden und Blumenstrauß diesmal wirklich verdient. Erst kurz vor Veranstaltungsende am späten Nachmittag setzt Nieselregen ein. Bis dahin herrscht beste Stimmung unter den zeitweilig bis zu 2500 Besuchern im Narrenkäfig, die zur Musik von DJane Sonja Storz und der Bands de Hofnarren, Fun 2.0 und Leiendecker-Bloas den Auftakt des Straßenkarnevals. Insgesamt geben die zwei Dutzend von der ATK engagierten Sicherheitskräfte mehr als 7000 Besucherbändchen aus, darunter 4000 rote, das dem Personal an den Getränkeständen signalisiert: kein Alkohol, da jünger als 16 Jahre.
2015, so hofft ATK-Chef Peters, könne man endlich wieder Karnevalsauftakt feiern wie früher: "Ohne Käfig, ohne Ausraster."
Mehr zum Karneval: Seite 10

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort