Hauptschule ohne Lobby

"Das System ist in Bewegung gekommen", freut sich die Kultusministerin Doris Ahnen nach den letzten Pisa-Ergebnissen. Lehrer an Hauptschulen wissen dagegen, dass nur neue Normierungssysteme für Schulleistungen und Lehrpläne im neuen Gewand herausgekommen sind.

Das extrem selektive deutsche Schulsystem produziert immer noch Verlierer in großer Zahl, besonders an den Hauptschulen. Da die verpflichtende Ganztagsschule nicht geplant ist und an der Freiwilligkeit der Entscheidung der Eltern nichts geändert werden soll, bleibt es bei der freiwillig betreuenden Ganztagsschule, die oft bestimmte Gruppen von Kindern, die der Förderung besonders bedürfen, gar nicht erreicht. Wenn die Hauptschule ihre Aufgabe erfüllen will, brauchen Lehrer Raum und Zeit für individuelle Hilfe und Förderung im morgendlichen Schulbetrieb, wenn die zu fördernden Kinder erreichbar sind. In der verpflichtenden Ganztagsschule könnte sich dagegen kein Kind der zusätzlichen Förderung entziehen. Frau Ahnen verweist beim Landesschulelternrat auf 6000 Wochenstunden zur Förderung von Schülern mit nichtdeutscher Herkunftssprache. Doch auch deutsche Kinder sitzen in Hauptschulklassen und können kaum lesen und schreiben, weil sie bereits in der Grundschule auf der Strecke geblieben sind, in Klassen mit 28 Kindern, ohne Förderung und spezielle Hilfe. Normal intelligente Kinder, die sich aufgrund ihrer sozialen Herkunft schon bald als 14-jährige keine Hoffnung mehr machen können, je im Leben auch nur einen Zipfel von Wohlstand zu erhaschen. Wenn ich dann sehe, wie gedanken-, aber auch herzlos der Trierer Schuldezernent Ulrich Holkenbrink, ein ehemaliger Gymnasiallehrer, von oben herab entscheiden will, dass die Cusanus-Hauptschule mit Ganztagsbetreuung zwei wichtige Räume in dem unteren Flur, sozusagen aus dem Herzen der Schule, der Verwaltungsschule täglich bis 17 Uhr zur Verfügung stellen soll, sehe ich all meine Befürchtungen bestätigt, dass die Mädchen und Jungen an der Hauptschule keine Lobby haben. Unsere Politiker behandeln sie wie Stiefkinder. Ulrike Hetkamp, Trier

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