Haus am Abgrund

EHRANG. Seit dem Abriss eines Fabrikgebäudes unterhalb des Wohnhauses der Familie Grünen ist der Abhang, der das Fundament des Hauses stützt, der Witterung ausgesetzt. Ein Gutachten zeigt die Gefahr auf. Doch die Stadt, der das untere Grundstück gehört, lässt sich mit der Absicherung Zeit.

Ein bisschen mulmig wird einem bei dem Gedanken, wie es wohl ist, im Haus der Grünens zu wohnen, so dicht am Abgrund. In knapp 20 Metern Höhe winkt Ingeborg Grünen aus dem Fenster. Vor ihr geht es steil hinunter: Hauswand, Fundamentmauer, Steilhang. Bis 1997 stützte die Ehranger Blumenfabrik den Hang, auf dem die Grundmauern des Hauses aus dem Jahr 1898 stehen. Dann brannte die Fabrik ab. In einer Zwangsversteigerung kaufte die Stadt Ruine und Gelände von dem völlig verschuldeten Fabrikbesitzer und begann im Jahr 2002 mit dem Abriss. Die rückwärtige Mauer des Fabrikgebäudes blieb zwar stehen, aber der Hang aus Lehm und rotem Sandstein - ein so genannter Rothenberg - ist seitdem der Witterung ausgesetzt. Regen, Wind, Sonne und Frost haben tiefe Risse in den ungeschützen Hang gegraben. Mit bloßen Händen reißt Walter Grünen große Schollen aus dem porösen Gestein. "In zwei Jahren ist der Abhang weggebröckelt und die Fundamentmauer unseres Hauses kann die Last nicht mehr ableiten", sagt Grünen. "Deshalb müssen wir Angst haben, dass unser Haus ins Rutschen kommt." Gefahr droht auch von einem Bunker, den ein ehemaliger Besitzer des Fabrikgrundstücks im Zweiten Weltkrieg zum Schutz vor Bomben in den Rothenberg gegraben hat. "Der Bunker war immer nusstrocken", sagt Grünen. "Als die Fabrik noch stand, konnte kein Oberflächenwasser eindringen. Jetzt nässt es durch, und die Bunkerdecke ist eine nasse, breiige Masse, die nicht mehr sicher hält." Mehrfach hat Grünen die Stadtverwaltung auf die gefährlichen Umstände, die durch den Fabrikabriss entstanden sind, hingewiesen. Im Januar wandte sich Grünen schließlich an den Oberbürgermeister. "Die Stadt nimmt das Risiko nicht ernst", schrieb er an Helmut Schröer. "Ich fordere den Bau einer Stützmauer und die Abdeckung der Fundamente mit Erdreich." Schröer antwortete umgehend: "Nach Rücksprache mit dem zuständigen Fachamt kann ich Ihnen mitteilen, dass derzeit keine Gefahr für Ihr Wohnhaus besteht", schrieb das Stadtoberhaupt im Februar. "Die von Ihnen geforderte Stützwand ist, unabhängig von den erheblichen Kosten, zur Zeit technisch nicht notwendig." Trotzdem werde das Tiefbauamt den Felsen von einem Fachingenieur untersuchen lassen. Tatsächlich: Im April begutachtete Uwe Schroeder vom Landesamt Geologie und Bergbau die Baustelle. Sein Urteil: "Wir haben der Stadt empfohlen, möglichst schnell etwas zu unternehmen. Der Bunker muss gesichert und der Hang abgestützt werden." Das planungssichere Gutachten liege der Stadt seit dem 11. Mai vor. Bis gestern hatte die Familie Grünen von der Stadt über den Ausgang des Gutachtens nichts gehört. Auch auf TV -Anfrage war von der Stadt bis zum späteren Montagabend - trotz mehrfacher Nachfragen bei Presseamt und Baudezernat und der Bestätigung, dass am Nachmittag ein Statement vorliegen werde - keine Stellungnahme zu bekommen.Was brennt Ihnen auf den Nägeln? Schildern Sie uns Ihr Problem auf maximal einer Din-A-4-Seite und schicken Sie es an: Trierischer Volksfreund, Stichwort: "TV bringt's voran", Hanns-Martin-Schleyer-Straße 8, 54294 Trier, oder als E-Mail an: thema@volksfreund.de.

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