Hauskrach in der kommunalen Familie

TRIER. Das Thema Einzelhandel sorgt immer wieder für Spannungen zwischen der Stadt Trier und dem Umland. Trier will seine Position als Oberzentrum schützen, Konz, Schweich und Saarburg kämpfen um eigene Neuansiedlungen. Nach einer ruhigeren Zeit droht eine neue Eskalation.

Fröhlich strahlten die fünf Herren und die Dame an einem milden Frühsommertag in die Kamera. Ihre Hände hatten sie ineinander gelegt, wie ein Sport-Team vor dem Anpfiff. Von "historischer Stunde" war die Rede und von einem "Signal". Das war im Juni 2003. Soeben hatten die Stadt- und Verbandsbürgermeister aus Konz, Schweich und Saarburg sowie die Trierer Wirtschaftsdezernentin die erste "Interkommunale Vereinbarung Einzelhandel" in Rheinland-Pfalz unterzeichnet. Sie sollte für ein geregeltes Nebeneinander von Stadt und Umland sorgen. 15 Monate später ist von der Euphorie nicht viel übrig geblieben. Zwar bescheinigt man sich wechselseitig eine "verbesserte Kommunikation", aber die In-teressengegensätze treten derzeit wieder deutlich hervor. Die kleineren Nachbarn wollten "auf Teufel komm raus in den Einzelhandelsflächen wachsen", sagt Wirtschafsdezernentin Christiane Horsch. "Wir halten uns nur konsequent an die Vereinbarung", hält der Konzer Bürgermeister Winfried Manns dagegen. Der Stadt-Land-Konflikt hat jahrzehntelange Tradition. Die Raumplaner in Rheinland-Pfalz, auf den Schutz der Innenstädte in den Oberzentren ausgerichtet, unterbanden einst rigoros Ansiedlungsbemühungen im Umland - zumindest, wenn dort ein Sortiment angeboten wurde, das den City-Kaufleuten Konkurrenz zu machen drohte. Inzwischen geht man mit dem "Wildwuchs" deutlich liberaler um. Das Landesentwicklungsprogramm, kurz LEP, sei "ziemlich verwässert", beklagt Horsch. Es fehle am politischen Gestaltungswillen, vermutet der Geschäftsführer des regionalen Einzelhandelsverbandes, Alfred Thielen. Die "Spielregeln zum Schutz des Mittelstandes" seien in Mainz und bei der zuständigen Genehmigungsbehörde SGD Nord in Koblenz nicht mehr gefragt.Stadt erwartet freiwillige Beschränkungen

Das ist ungünstig für die Stadt Trier. Denn die interkommunale Vereinbarung besagt kurz gefasst, dass die Kommunen sich wechselseitig nicht in ihre Ansiedlungspläne hineinreden, so lange sie mit dem LEP übereinstimmen. Das sei angesichts der veränderten Rahmenbedingungen "vollkommen unbefriedigend", sagt Christiane Horsch. Sie erwartet "freiwillige Beschränkungen", will neu verhandeln, Wachstumsflächen quadratmetergenau definieren. Dass "geredet werden muss", akzeptiert auch der Winfried Manns. An der Geschäftsgrundlage ändern will er freilich nichts, die sei eine "vernünftige Basis". Auf genau dieser Basis will Manns auch die heftig umstrittene Verdopplung der Fläche von Möbel Martin umsetzen. Dass dem Einzelhandel in der Trierer City dadurch Schaden drohe, vermag das Konzer Stadtoberhaupt nicht zu erkennen. Er verweist auf die in den letzten Jahren weiter gestiegene "Zentralitätsziffer" für Trier, jene Zahl, die festhält, wie viel Kaufkraft in einer Stadt zur Verfügung steht. "Auch das Umland muss leben", betont Manns. Zudem verbinde nach einem neuen Gutachten mehr als die Hälfte der Martin-Kunden den Einkauf mit einer Shopping-Tour nach Trier. Dieses Argument lässt Einzelhandels-Sprecher Thielen nicht gelten. In ein paar Jahren, so seine Erwartung, werde Möbel Martin erneut erweitern wollen - "und dann ist der mittelständische Möbelhandel in allen Mittelzentren kaputt". Sein Kollege Hans P. Schlechtriemen von der Trierer City-Initiative verweist auf jene 10 Prozent des Sortiments, die bei Martin "innenstadtrelevant" sein dürfen, also unmittelbar mit dem Warenangebot der City konkurrieren. Er fordert die Stadt kategorisch auf, "mit allen, auch rechtlichen Mitteln gegen diese Erweiterung vorzugehen". Davon ist Dezernentin Horsch freilich nicht sonderlich begeistert. Sie zweifelt offenkundig an den Erfolgsaussichten einer Klage und setzt auf Verhandlungen - wenn auch mit leicht drohendem Unterton. Schließlich verzichte die Stadt freiwillig auf die Option, einen Großsortimenter der Kategorie Globus auf der Ehranger Flur zu etablieren - aus Rücksicht aufs Umland. Da könne die "kommunale Familie" im Gegenzug ja auch mal den Trierern entgegen kommen.

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