Herr Biewer aus Biewer und seine Renaults

"100 Jahre Renault in Deutschland": Dieses Jubiläum feiert heute der französische Automobil-Hersteller. Einer, der mit dieser Marke auf eine ganz besondere Weise verbunden ist, ist ein Mann, der im Trierer Stadtteil Biewer als "Doktor Renault" in den 80er Jahren bekannt war. Er ist ein Bastler, Tüftler und "Wunderheiler" an alten, ausgeschlachteten Renault R5 und R4. Sein Name: Werner Biewer.

Trier-Biewer/Wadrill. "Fehlte nur noch, dass ich auch in der Biewerer Straße gewohnt hätte." Werner Biewer lacht, wenn er an seine "Biewerer Tage" zurückdenkt. Damals hatte der heute in Wadrill (Kreis Merzig-Wadern) wohnende Renault-Experte seine Vorliebe für die französische Auto-Marke entdeckt. Zunächst für den R5, später für den R4, der zum Kult-Objekt wurde. Zusammen mit Andreas Schuhn hatte er in Biewer viele Jahre an den französischen Fahrzeugen "gebosselt", bis es ihn wieder in seine saarländische Heimat verschlug.Fast an die 300 der französischen Kleinwagen sind in gut einem Vierteljahrhundert durch die Werkstatt und die Finger von Werner Biewer gegangen. In vielen Stunden mühevoller Kleinarbeit hat er mitunter aus einem "Haufen Schrott" einen einsatzbereiten R4 gemacht und diesen wieder an einen neuen Besitzer gebracht. Bei aller nüchterner Aufbau-Arbeit betont Biewer aber immer wieder eins: "Das ist nicht nur Autobasteln für mich, das ist in erster Linie eine Herzensangelegenheit."Angefangen hatte alles in den 70er Jahren damit, dass sein Gymnasium eine Partnerschaft mit dem französischen Mont Merellon eingegangen war. Bei seinem Besuch dort gelang es einer jungen Französin, das Herz des deutschen Austauschschülers zu erobern. Die Liebe zu der jungen Dame ist inzwischen Geschichte, geblieben ist die in jener Zeit erwachte "amouröse" Verbindung zu Renault und dem R4. "In einem Vierteljahrhundert eignet man sich viel Wissen im Umgang mit dem Auto an", sagt Biewer. Ein wenig sieht er sich auch in der Rolle als "Docteur Renault quattre".Quer durch die Republik ist er damals gefahren, hat alte R4 aufgekauft, die von ihren Besitzern als nicht mehr fahrtüchtig angesehen wurden. Sogar von der Insel Fehmarn hat er einen alten R4 überführt. "Bei vielen R4 ist die Kopfdichtung das Problem. Da scheuen die Leute dann von einer Reparatur zurück, und ich komme preisgünstig an das Auto", erzählt er. Die Schwachstellen des R4 kennt er aus dem "Effeff". Probleme mit den Kondensatoren und dadurch ausbleibende Zündfunken etwa seien R4-typisch.Die neue Heimat der Renault-Fahrzeuge, die aus Werner Biewers Werkstätten wieder das "Licht der Welt erblickt" haben, kennt (fast) keine Grenzen. Der Besitzer einer Renault-Werkstatt aus der Schweiz kam eigens zu ihm, um einen türkisfarbenen Faltdach-R4 abzuholen, ein anderes Fahrzeug ging den umgekehrten Weg, als es normalerweise Autos aus Frankreich machen: zurück ins Heimatland. Jetzt läuft das Exemplar wieder in voller Pracht in St. Tropez. Sogar in der berühmten "Legion etrangère", der Fremdenlegion, sollen Exemplare aus seiner Hand rollen.Eine ganz besondere Geschichte sind jedoch die 20 R4, die via Antwerpen den Weg nach Madagaskar gefunden haben. "Die Autos werden dort als Taxis eingesetzt, und weil man sich da innen so überall schön festhalten kann, ist es keine Seltenheit, dass schon einmal zehn Insassen mit einem R4 transportiert werden." Doch seit die dortigen Behörden ihre Vorlieben für Restriktionen im Straßenverkehr entdeckt haben, ist es mit der "R4-Explosion" in Madagaskar vorbei. Die Geschichte von den "zehn kleinen Negerlein im R4" erzählt Biewer aber immer wieder gern.An Ersatzteilen mangele es (noch) nicht, lediglich "die Tachowellen gehen allmählich aus". Und die Preisspirale drehe sich: "Der Preis für einen Auspufftopf hat sich in kurzer Zeit verdreifacht." Das alles aber hält ihn nicht davon ab, weiter dafür zu sorgen, dass der Renault R4 nicht aus dem Straßenbild verschwindet. Und das nicht nur in Madagaskar. Weil es eben "viel mehr als pure Werkstattarbeit, eben eine Herzensangelegenheit ist".

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