Hier tranken schon die alten Kelten

TRIER. Am Römersprudel labten sich bereits vor über 2500 Jahren die keltischen Vorfahren der Treverer. Heute fristet Triers ältestes Kulturdenkmal ein unwürdiges Dasein im Verborgenen. Die neuen Besitzer der Quelle wollen das ändern.

Römertor, Römerbrücke, Römerstraße. Es wimmelt nur so vor Anklängen an die Frühzeit der ältesten Stadt Deutschlands. Ausgerechnet die allerälteste Hinterlassenschaft aus der Antike verkauft Trier völlig unter Wert: den Römersprudel. Aus den Augen, aus dem Sinn? Die Mineral- und Heilquelle im Seitental neben der "Pellinger" (B 268) gibt zwar einer Straße im Feyener Neubaugebiet und dem beliebten Ausflugsziel mit Gaststätte, Tennis- und Spielplatz sowie Domizil des Kleinen Volkstheaters ihren Namen, aber sie selbst verbirgt sich metertief unter einer unansehnlichen Betonkuppel und Schutt von Jahrtausenden. Jammerschade und unwürdig, denn sie ist eines der ältesten fassbaren Bauwerke auf dem Stadtgebiet.Bereits um 500 vor Christus wussten die Kelten den kochsalzarmen Eisensäuerling und seine Heilkraft zu schätzen. Dies belegen dendrochronologische Untersuchungen von Baumsegmenten, die bei Ausgrabungen des Landesmuseums 1950 zutage traten: zwei ineinander greifende Stücke aus Linden- und Eichenholz, die das Quellwasser auffingen und das Abschöpfen erleichterten. Eine zweite Quellfassung stammt von 372 v. Chr.Auch die Römer nutzten das kostbare Nass und kultivierten den Freiluft-Trinkgenuss: Sie bauten anno 81, 111 und 141 n. Chr. drei Quellfassungen, die im Gegensatz zu den Vorläufermodellen über ein Dach verfügten. Schließlich präsentierte sich der "römische Römersprudel" als luxuriöse Trinkhalle. "Ein aufwändiges Unikum, das sich überregionaler Anziehungskraft erfreute", sagt der Archäologe und Bauforscher Klaus Peter Goethert (57) vom Fachbereich III, Klassische Archäologie, der Uni Trier. Gemeinsam mit Jörg Henerichs (40), Chef der Firma H&S Virtuelle Welten, hat Goethert die antike Anlage am Computer wieder auferstehen lassen. Wertvolle Hilfe leisteten dabei die Forschungsergebnisse des vor vier Jahren verstorbenen Trierer Zimmerermeisters Matthias Arenz, der sich eingehend mit der Dachkonstruktion beschäftigte. Dank ebenfalls bei Ausgrabungen gefundenen Granitplatten, Dachziegeln, Gesimsbalken und Säulenresten ließ sich ein Gesamtbild "hochrechnen". Goethert: "Zu 90 Prozent hat die Trinkhalle so ausgesehen. Leider wissen wir nichts über die Umgebungsgestaltung".Hunderte von römischen Münzen, die Archäologen ebenfalls fanden, belegen eine durchgehende Nutzung bis ums Jahr 400. Anschließend verfiel der tempelartige Bau. Gesund getrunken wurde dennoch weiter. Die Quelle gehörte fast tausend Jahre lang der Benediktinerabtei St. Matthias, später zu den Vereinigten Hospitien.Industrielle Nutzung machte ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Gewaltmärsche des Trierer Originals "Lönsewöllm" überflüssig.Tafelwasser-Produktion endete vor 26 Jahren

Der "Linsen-Wilhelm" hatte das Mattheiser Heilwasser per Hotte in die Stadt getragen und verkauft. Die Produktion von Tafelwasser endete 1977; Abfüllanlage und Fuhrpark kaufte der Gerolsteiner Brunnen. Gebäude und Brunnenkammer gehörten erst der Triwo, dann der Arbeiterwohlfahrt, aus deren Konkursmasse es 2000 in den Besitz von Willi Rath (52), Michael Rath und Dieter Trierweiler (beide 43) überging. Die drei Geschäftsleute erfüllten sich mit dem Kauf einen alten Wunsch: "Das ist unser Jugendspielplatz." Dem historischen Erbe fühlen sich die Rath-Brüder und Trierweiler verpflichtet. "Wir haben erst einmal das Areal in Ordnung gebracht und wollen uns anschließend der Quelle widmen und sie nach Möglichkeit zugänglich machen", kündigt Willi Rath an. Das unterirdisch sprudelnde Wasser haben sie bereits analysieren lassen. Ergebnis: "Tipptopp in Ordnung."

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