Hilfe auf dem Weg ins Leben

RUWER. Nicht alle Kinder haben das Glück, in behüteten Elternhäusern aufzuwachsen. Um so wichtiger ist es da, dass es die stationäre Jugendhilfe gibt - landläufig Heim genannt. In Ruwer befinden sich zwei dieser Einrichtungen, in denen ausschließlich Jungen betreut und therapiert werden.

Das "Kuckuckshaus" und das "Jungenhaus" in der Ruwerer Straße sind zwei von mehreren Jugendhilfe-Einrichtungen, die von der Gesellschaft für Sozialprojekte und Jugendhilfe mbH (GeSo) in der Region betrieben werden. Bis zu 25 Jugendliche im Alter zwischen 13 und 20 Jahren leben dort, weil diese Formen betreuten Wohnens für sie besonders geeignet erscheinen. Dahinter stehen 25 höchst persönliche und häufig tragische Geschichten, die eine so genannte Fremd-Unterbringung außerhalb der Familie, im Heim, erforderlich machen. "Häufig haben die Kinder hochtraumatische Erlebnisse wie Gewalt, Tod oder Misshandlungen erlebt", berichtet der pädagogische Leiter Nikolaj Stöckle. Und es übersteigt fast die Vorstellungskraft, wenn er andeutet, was die Jungen in ihrer Kindheit haben erleiden müssen. Der Personalschlüssel in Einrichtungen dieser Form ist daher sehr hoch. Alleine im "Kuckuckshaus", einer intensivpädagogischen Einrichtung, kommen auf sieben Heimbewohner neun Männer und Frauen, die als Pädagogen, Sozialarbeiter, Psychologen und Hauspersonal die Jungen in einem stark strukturierten Rahmen betreuen und therapieren. Die durchschnittliche Verweildauer im "Kuckuckshaus" beträgt rund zwei Jahre, in denen ihnen ein sicheres Regelwerk vermittelt wird. Ein Lehrer erteilt einigen Jungen im Dachgeschoss Unterricht - in naher Zukunft soll im Nachbarhaus gepaukt werden. Der Tagesablauf ist klar gegliedert: nach dem Aufstehen Gemeinschafts-Frühstück, Schule, Mittagessen inklusive Küchendienste im Haus. Nach einer Zimmerruhe- und Hausaufgabenzeit schließen sich therapeutische Gespräche und Freizeit bis zum Abendessen an. Diese verbringen die Jungen häufig zusammen mit den Betreuern beim Spielen oder sportlichen Aktionen wie Kletter- oder Mountainbike-Touren oder Schwimmen. Auch in Ruwerer Vereinen sind die Jungen integriert, beispielsweise im Musikverein. Dabei ist die enge Kooperation und Absprache mit Vereinen und anderen Einrichtungen von großer Bedeutung, um dem angestrebten langfristigen Ziel - Selbstständigkeit des Jugendlichen - ein Stück näher zu kommen. "Anfangs hatten wir Befürchtungen, die Jungen könnten irgendwie im Ort auffallen", meint Psychologe Stöckle. Doch das Gegenteil trat ein.Lernziel: Kontakte knüpfen

Negative Vorfälle blieben die Ausnahme, weiß Pädagogin Vera Schepsky, die das Haus leitet und von "sehr kontaktfreudigen Jungs" spricht. Und von hilfsbereiten Jungs, die mal Nachbarn im Garten unter die Arme greifen oder beim letzten Dreck-Weg-Tag mit anpackten. Gleichwohl steht das "Kuckuckshaus" in enger Zusammenarbeit mit der Polizei, wenn doch mal einer über die Strenge geschlagen hat: "Die Jungen müssen halt lernen, was erlaubt ist und was nicht." Lernen müssen sie in ihrem Leben auch erst das Knüpfen von Beziehungen - insbesondere zu Frauen, obwohl ein paar Bewohner schon feste Freundschaften zu Mädchen haben. Vera Schepsky: "Aufgrund ihrer schlechten Familien-Erfahrungen haben sie massive Beziehungsprobleme gegenüber Frauen. Schließlich sind Mütter die Menschen, auf die sie sich nicht verlassen konnten oder die sie weg 0gegeben haben. Die Väter waren meist gar nicht da."Morgen in unserer Ruwer-Serie: Vorzeige-Projekt in der Endphase - das größtenteils in Eigenleistung entstehende Feuerwehr-Gerätehaus.

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