Hilflose Denkmalpflege

TRIER. Der geplante Umbau eines mehr als 80 Jahre alten Gebäudes sorgt für Ärger zwischen Investor und Nachbarschaft. Auch Kommunalpolitiker fürchten jetzt eine "Verschandelung des städtebaulichen Ensembles" in Merian- und Ausoniusstraße sowie Friedrich-Ebert-Allee.

Er hat schon einiges überstanden, der alte Baum an der Ecke Friedrich-Ebert-Allee/Merianstraße: Seit rund 100 Jahren wirft die mächtige Platane ihre Schatten, und selbst Charles de Gaulle bot sie einst wirksamen Sonnenschutz; von 1927 bis 1929 teilten der General und das Gewächs sich dasselbe Anwesen. Den Franzosen hat der Baum fast 34 Jahre überlebt, doch vor einigen Wochen schien auch für die Platane das Ende gekommen - sie sollte Parkplätzen weichen. Das Trierer Unternehmen Gilbers und Baasch hat das Anwesen "Friedrich-Ebert-Allee 2" samt Haus aus den 20er-Jahren erworben. Der Investor möchte in dem Gebäude sechs "Luxuswohnungen" unterbringen, die bereits allesamt verkauft sein sollen. Unter anderem soll das alte Dach abgerissen und durch ein Satteldach auf zwei Ebenen ersetzt werden. Dadurch würde das Gebäude von jetzt zwei auf dann vier Geschosse aufgestockt. Ein Plan, der nicht nur die Nachbarn auf den Plan ruft. Auch Kommunalpolitiker unterschiedlicher Parteien warnen unisono vor den Folgen des Projekts für die umliegende Bebauung. Grünen-Ratsmitglied Dominik Heinrich spricht von einem "brutalen Umgang mit der Substanz". Das Haus sei "wichtiger Bestandteil eines städtebaulich homogenen und schützenswerten Ensembles", so Heinrich, der vor allem die Aufstockung des Dachs kritisiert und eine "Missachtung der Maßstäbe" sieht. Auch Triers SPD-Chef Christoph Grimm will jetzt "das Schlimmste verhindern". Der Landtagspräsident sieht ernsthafte Gefahren für das Ensemble, sollte das Vorhaben wie geplant umgesetzt werden. Tatsächlich musste der Investor ursprüngliche Vorhaben für den Außenbereich des Anwesens bereits korrigieren.Zufahrt hinter der Kurve

So hatte Gilbers und Baasch eine Zufahrt von der Friedrich-Ebert-Allee geplant, die unmittelbar hinter einer Kurve und nur wenige Meter vor einer Ampel liegen sollte. Inzwischen ist das Vorhaben wieder vom Tisch. Wie bisher wird die Zufahrt zum Anwesen auch künftig nur über die Merianstraße möglich sein. Rasch war auch der Bestand der alten Platane gesichert. Auf ursprünglichen Plänen war der Baum nicht mehr verzeichnet; die Platane sollte Parkplätzen weichen. Dafür hatte Gilbers und Baasch nach TV -Informationen bereits grünes Licht vom Bauaufsichtsamt bekommen. Dann stellte sich heraus, dass der Baum nur mit einer landespflegerischen Genehmigung gefällt werden könnte. Ricarda Kuhner, Ortsvorsteherin von Trier-Mitte und CDU-Stadtratsmitglied, möchte die Umbaumaßnahme auf die Tagesordnung der nächsten Ortsbeiratssitzung setzen: "Die Menschen fürchten eine Verschandelung des Ensembles." Dass ein gewähltes Gremium über das Vorhaben berät, wäre ein Novum; am 13. April hatte das Bauaufsichtsamt die Baugenehmigung erteilt, ohne dass zuvor auch nur ein städtischer Ausschuss konsultiert worden wäre. Ein Vorgehen, das "angesichts der Sensibilität des Themas" nicht nur Grimm verwundert. Ralf Frühauf, Pressesprecher der Stadt, erklärte unterdessen auf Anfrage, man habe "versucht, im Gespräch mit dem Bauherrn auf gestalterische Aspekte einzugehen". Gegen die rechtsgültige Baugenehmigung haben Nachbarn nun Widerspruch eingelegt. Rechtsanwalt Jürgen Hött erklärte gegenüber dem TV , dass durch das Bauvorhaben "nachbarschützende Vorschriften eklatant verletzt werden". Nachbarin Christel Hontheim-Monz sieht derweil nicht nur ihr Eigenheim bedroht, sondern auch "Triers schönste Einfahrt". Auf Antrag der Grünen soll nun im nächsten Denkmalpflegeausschuss darüber beraten werden, den Bereich Ausoniusstraße, Friedrich-Ebert-Allee und Merianstraße zur Denkmalzone zu erklären. Für Heinrich ist "nicht nachvollziehbar", dass die städtische Denkmalpflegebehörde der Planung zugestimmt hat. Laut Frühauf habe diese keinerlei Einfluss auf die Baumaßnahme nehmen können. Der Investor sah sich innerhalb von vier Wochen nicht zu einer Stellungnahme in der Lage und sagte zwei vereinbarte Gespräche mit dem TV kurzfristig ab.

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