Hoffnung unterm Regenbogen

TRIER. Zwei Drittel aller Frauen, die ins Trierer Frauenhaus flüchten, bringen Kinder mit. Kinder, die Hilfe und Betreuung brauchen, auch über ihren Aufenthalt hinaus. Sie werden vom Projekt "Regenbogen" unterstützt. Aber auch "Regenbogen" braucht Unterstützung.

Antonia(9) hat in ihrem Leben weniger Glück gehabt als andere Kinder.Jahrelang musste sie zu Hause mit ansehen, wie ihr Vater ihreMutter beschimpfte und schlug. Lange hatte Sabine G. ausgeharrt,weil sie sich schämte und weil sie ihrem Kind den Vater nichtnehmen wollte. Doch als ihr Mann eines Tages auch auf Antonialosging, packte Sabine G. das Nötigste und floh buchstäblich überNacht mit ihrer Tochter, die damals sechs Jahre alt war, insFrauenhaus nach Trier. Antonia ist kein Einzelfall. 520 Frauen haben in der Trierer Einrichtung seit 1993 Zuflucht gefunden, 680 Kinder brachten sie mit. "Das Frauenhaus ist auch ein Kinderhaus", sagt Ingrid Sauer, die sich um die Betreuung der Kinder kümmert.

Individuelle Betreuung für jedes Kind

Die meisten Frauenhauskinder sind jünger als 6 Jahre, etwa ein Drittel sind Schulkinder zwischen 6 und 14. Ältere sind eher die Ausnahme. Je nach Alter ist der Betreuungsbedarf unterschiedlich, jedes Kind wird individuell gefördert. Aber Hilfe brauchen alle. Mehr als 40 Prozent der Kinder sind nach Einschätzung der Betreuerinnen selbst von ihren Vätern misshandelt worden, die anderen haben die männliche Gewalt zumindest indirekt erlebt. Zudem ist der Umzug ins Frauenhaus oft mit dem Verlust des gewohnten Umfelds und Freundeskreises verbunden. Viele Kinder sind sehr verstört, und so dauert es eine ganze Weile, bis sie jemanden an sich heran lassen.

Auch Antonia hatte große Probleme. Sie wachte nachts schreiend auf, klammerte sich stark an ihre Mutter und spielte kaum mit anderen Kindern. Aus dem Haus wollte sie nicht - sie hatte Angst, ihrem Vater zu begegnen.

Es dauerte Wochen, bis Antonia "auftaute" und die Erzieherinnen im Frauenhaus einen Draht zu ihr fanden. Ihre Situation besserte sich allmählich, sie fasste Vertrauen zu anderen Kindern.

Doch dann konnte ihre Mutter das Frauenhaus endlich verlassen - und damit endet normalerweise auch die Betreuung für die Kinder. Das gerade aufgebaute Vertrauensverhältnis zu den Erzieherinnen wird abrupt unterbrochen.

Ein fatale Situation. "Kinder in dieser Lage brauchen Kontinuität", hat Ingrid Sauer beobachtet. Deshalb gründete man das "Projekt Regenbogen", das für eine Betreuung der Kinder über die Aufenthaltszeit im Frauenhaus hinaus sorgt. Auch Antonia konnte dieses Angebot nutzen. Inzwischen ist sie eine fröhliche, gute Schülerin geworden und hat immer noch Kontakt zu zwei Mädchen, mit denen sie damals in einer Betreuungsgruppe war.

"Regenbogen", ein bundesweit ungewöhnliches Angebot, wurde zunächst durch eine ABM-Stelle vom Arbeitsamt gefördert. Aber diese Finanzhilfe endete im letzten Jahr, und die Mittel des Landes reichten für eine Finanzierung nicht aus. Zum Jahresende drohte das Aus für "Regenbogen". Doch der Förderverein des Frauenhauses startete einen Spenden-Aufruf, mit erstaunlich positiver Resonanz. "Kaum jemand, den wir angesprochen haben, wollte nichts geben", erzählt Ingrid Sauer. So konnte die Existenz zumindest bis Ende 2003 gesichert werden.

Doch für die Zeit danach braucht das "Projekt Regenbogen" wieder Hilfe. Der Förderverein hat schon mit der Suche nach Unterstützern begonnen.

Infos unter 0651/49511.

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