Hohe Einschaltquote

TRIER. "Ich bedanke mich für die Einschaltquote in diesem Raum", sagt Claus Kleber bei seinem Vortrag vor 950 Menschen in der Sparkasse Trier. Der ZDF-Moderator macht es seinen Zuhörern aber auch leicht, nicht abzuschalten: Er bietet ungewöhnliche Einsichten in das Innenleben Amerikas und erklärt, wie dieses Land "tickt".

"Guckt mal, das ist hundert Mal so alt wie Euer Land!" Diesen Satz pflegt Claus Kleber US-Freunden zu sagen, wenn er sie durch Trier führt. Und erntet Staunen. Es ist alles so anders auf dieser Seite des Atlantiks. Umgekehrt freilich gilt das genauso - das wurde beim Vortrag des ZDF-Journalisten, der lange Jahre als Korrespondent in Washington gearbeitet hat, am Mittwochabend in der Sparkasse Trier deutlich. Der Chef und Moderator des "Heute-Journals" stellte hierzulande verbreiteten Auffassungen seine Erfahrungen gegenüber, erklärte Hintergründe - und entlarvte so manches Vorurteil. Der Vorstellung von einem unbedarften US-Präsidenten George W. Bush, dem gefährlich naiven "wiedergeborenen" Christen mit seinem "Feldzug gegen das Böse", setzte Kleber das - gleichwohl kritische - Bild eines Mannes entgegen, der nicht im europäischen Sinne gebildet ist, aber intelligent, der weiß, worauf es ankommt und der Loyalität erzeugen kann. Kleber legte das Gefühlsleben des US-Volks offen, über das Deutschland spätestens seit der Wahl Bushs den Kopf schüttelt. Er schilderte die Müdigkeit vieler Wähler von Person und Politik Bill Clintons, vor allem aber den Schock des 11. Septembers, dessen Intensität hierzulande nicht nachvollziehbar sei. Kurz: Kleber vermittelte, warum die Amerikaner so denken, wie sie denken, so handeln, wie sie handeln - warum sie so sind, wie sie sind. Wie hoch die Erwartungen an Klebers Vortrag waren, zeigt schon die Zahl der Besucher: Rund 950 Gäste drängten sich in der Hauptstelle der Sparkasse an der Theodor-Heuss-Allee. "So viele, wie diese Kundenhalle noch nie auf einen Schlag gesehen hat", freute sich Sparkassen-Chef Dieter Mühlenhoff, der seine Kunden regelmäßig zu Vorträgen prominenter Redner einlädt. Hohe Erwartungen sind schwer zu erfüllen, und so ist es umso bemerkenswerter, dass Kleber nach seiner Rede minutenlangen Beifall erhielt. Geschlossen hatte er mit einem emotionalen Appell für bessere Beziehungen zu den USA. Im Regierungswechsel in Berlin sieht er eine Chance, das zerrüttete Verhältnis zu überwinden, das er vor allem dem Zerwürfnis zwischen Bush und dem bisherigen Kanzler Gerhard Schröder zuschreibt. Die USA seien nach wie vor eine wichtige Macht, mahnt Kleber. "Wir tun gut daran, nicht mit den Beziehungen herumzuspielen." Amerika ist weit weg - das gilt derzeit nicht nur geografisch, sondern auch für das Verhältnis zwischen beiden Völkern. Zumindest 900 Trierer sind am Mittwochabend wieder etwas näher an dieses Land herangerückt.

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