Hollywood in der Seitengasse

TRIER. Einen nächtlichen Dreh für den Kurzfilm "Das innere Auge" (der TV berichtete) gab es "Am Zündel", einer Seitenstraße in der Nähe des Kornmarktes.

Langsam rollt das Löschfahrzeug rückwärts in die Sackgasse "Am Zündel". Der Wagen stoppt, ein Feuerwehrmann springt heraus und richtet konzentriert den Schlauch auf die Fahrbahn. Ein Handgriff, dann beginnt das Wasser herauszuspritzen und nach und nach den Asphalt in gleichmäßiges Schwarz zu tauchen. Auf die Fahrbahn der in der Dunkelheit der Nacht liegenden Straße fällt punktuell von rechts und links grelles Licht aus großen Scheinwerfern.30-Minüter mit Zündstoff

Die Scheinwerfer erhellen die Arbeiten am sechsten Drehtag des Kurzfilms "Das innere Auge" (der TV berichtete). Von der nassen Straße, auf der das Licht der Scheinwerfer reflektiert, verspricht sich Produzent Frank Hilsamer "Hollywoodcharakter". Schauplatz des nächtlichen Drehs ist der Hintereingang des von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion genutzten Gebäudes "Am Kornmarkt 6". Die zur Straße "Am Zündel" weisende Hintertür wurde mit vielen Kisten und Plakaten in den Ausgang eines Bistros verwandelt. Mit Kopfhörer und Umhängetasche ausstaffiert, bringt Lars Heineken behutsam die Tonangel mit dem in Fell engepackten Mikrofon in Position. Kameramann Michael Heinz beugt sich über den Sucher und ruft: "Die Kamera läuft". Mit dem Ruf "20/2 die erste!" und einem Klacken fällt die Filmklappe. Regisseur Achim Wendel schaut gebannt auf einen Monitor, der die Bilder der Kamera überträgt. "Und bitte!", weist er in die angespannte Stille hinein den Schauspieler an. Ein Mann schießt aus der Hintertür und rennt um sein Leben die Straße hinunter. "Danke!" ruft der Regisseur knapp. Mark, die Hauptfigur des Kurzfilms, flüchtet in dieser Szene aus einem Bistro. Er will verhindern, dass ihm ein Mikrochip wieder entfernt wird, der seine Gehirnaktivitäten und damit seine Gedanken und Gefühle aufzeichnet. Neuromarketing nennt man diese Methode, um die geheimen Wünsche von Verbrauchern zu erkennen und zu lenken.Im Land gibt es keine Filmförderung mehr

Gespielt wird Mark von dem 30-jährigen Berliner Schauspieler Oscar Axelrod-Naumann. Er verzichtet wie die anderen aus dem Team auf Gage. Er wirkt der "Freude und der Erfahrung willen" an dem "immerhin 30-Minüter" mit. Einer der vielen ehrenamtlichen Helfer am Set ist auch Stefan Garçon aus Bitburg. Er dokumentiert die Dreharbeiten mit seiner Fotokamera. "Ich möchte kulturelle Projekte aus der Region unterstützen", erklärt er. Produzent Hilsamer weiß, wie schwer es ist, einen nicht-kommerziellen Film zu realisieren. "Die kommerzielle Filmindustrie nimmt sich doch gesellschaftsrelevanten Themen kaum an", bedauert Hilsamer. Da es keine Filmförderung mehr in Rheinland-Pfalz gibt, fehle jedoch den meisten nicht-kommerziellen Filmen das Geld. "Bitte jetzt den Van vorfahren", spricht er leise in sein Walkie-Talkie. Saftig greifen die Reifen des schwarzen Chevy Van der Marke "Gladiator" auf der nassen Fahrbahn. Die nächste Einstellung kann beginnen. Die Premiere des Films ist für die Amateurfilmtage in Trier, Ende April 2005, geplant.

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