Horror vor der "Bibberbrühe"

Nordbad-Kunden machen vorsorglich mobil: Sie fordern, die Beheizung des Schwimmerbeckens beizubehalten und haben bereits 2400 Unterschriften gesammelt. Einen Antrag, dem Freibad den Gashahn zuzudrehen, gibt es aber noch nicht.

Trier-Nord. Morgens um 7 ist die Welt noch in Ordnung? Nicht im Nordbad. Unter den Frühschwimmern herrscht kollektive Verärgerung, weil angeblich die Grünen aus finanziellen und Klimaschutz-Gründen die Heizung abdrehen wollen. Auswirkung: Die Solaranlage könnte die Wassertemperatur auf allenfalls 17 bis 19 Grad bringen. Derzeit liegt sie - dank der Zuheizung per Gas - bei konstant 24 Grad.Der Schwimmervolks-Zorn entzündete sich an einer von der CDU angestoßenen Energiespar-Diskussion im Stadtrat (TV vom 7. Juni). Grünen-Sprecher Gerd Dahm (51) kritisierte damals die Christdemokraten, die nicht auf die Beheizung des Nordbads per Erdgasverbrennung verzichten wolle, obwohl dort eine Solaranlage existiere.Manfred Maximini (70), Chef der UBM-Fraktion und seit 40 Jahren Stamm-Frühschwimmer im Nordbad, initiierte daraufhin frei nach dem Motto "Nicht erst handeln, wenn das Kind im Wasser liegt" die Unterschriften-Aktion. Daran haben sich bislang 2400 Badbesucher beteiligt. Die Stammkundschaft ist verunsichert bis nachhaltig sauer, insbesondere die Frühschwimmer, die zwischen 6 und 8 Uhr ihre Runden drehen und keine "Bibberbrühe" wollen. Gisela Wahlen spricht vielen von ihnen aus dem Herzen: "Ich komme seit 29 Jahren regelmäßig hierher, weil das Schwimmen meine Gesundheit erhält." Das Stadtbad sei keine Alternative. "Zu dicke Luft! Hallenbad-Schwimmen macht müde und bietet System-Schwimmern schlechte Bedingungen", findet Norbert Faber (69), der dem Nordbad schon seit 40 Jahren die Treue hält. Auch Professor Dr. Thomas Hopf (53), Orthopädie-Chefarzt des Brüderkrankenhauses, plädiert für die Beibehaltung des status quo. "In 18 Grad kaltes Wasser gehen die wenigsten Menschen freiwillig, vor allem nicht diejenigen, die es aus therapeutischen Gründen dringend brauchen." Ergo: Wer die Heizung abdrehe, der leiste der Gesundheitsförderung einen Bärendienst.Geht es nach Bürgermeister und Sportdezernent Georg Bernarding (53) bleibt alles wie gehabt: "Ich finde, als Oberzentrum und Sportstadt sollen und können wir uns ein Nordbad mit 24-Grad-Wassertemperatur leisten - auch wenn wir mit Gas nachhelfen müssen." Allerdings müsse darüber nachgedacht werden, wie der große nächtliche Wärmeverlust des Wassers eingedämmt werden kann.Und was meint Gerd Dahm? "Alle sagen, ,Wir müssen sparen - aber bitte nicht bei mir'. Ich bleibe dabei: Wir sollten das Thema Nordbad-Beheizung ergebnisoffen diskutieren." Meinung Kein Frost-Bad in Sicht Man muss kein Weichei sein, wenn man Schwimmen in 18 Grad kaltem Wasser nichts abgewinnen kann. Man muss aber auch kein Unmensch sein, wenn man darüber nachdenkt, wie im Nordbad Geld und Energie gespart werden können. Konkret geht es um jährlich bis zu 25 000 Euro. So viel gibt die Stadt aus, um von Mai bis September per Gasheizungs-Zuschaltung im Nordbad eine konstante 24-Grad-Wassertemperatur bieten zu können. Da darf man durchaus diskutieren wollen im Stadtrat, wo man sich sonst bei vergleichsweise Kleckerbeträgen gerne (und öffentlichkeitswirksam) in die Haare gerät. Dennoch dürfte jetzt schon fest stehen, dass sich nicht im entferntesten eine Mehrheit im Stadtrat findet, die das Nordbad zum Frostbad macht. Wer dauerhaft Geld sparen und sowohl Umwelt als auch Schwimmern etwas Gutes tun will, muss andere Alternativen finden. r.morgen@volksfreund.de

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