Hustenbonbons zur Eintrittskarte

TRIER. Wieder einmal hat der Förderverein Welschnonnenkirche ein Konzert für die Erhaltung des Gebäudes und die Restaurierung der Stummorgel veranstaltet. Mit sehr leisen Tönen hat Domorganist Josef Still einen Abend gestaltet, den man nur mit spitzen Ohren genießen konnte.

Normalerweise ist er der Herr über die stimmgewaltige Orgel im Trierer Dom. Wenn er dort alle Register zieht, kann man an ruhigen Tagen auch noch auf dem Platz vor der Mutterkirche des Bistums die Klanggewalt dieses Instrumentes hören. Zu Gunsten der Restaurierung der Orgel in der Welschnonnenkirche schlug Josef Still jetzt ganz andere, nämlich leise Töne an. Mit einem Clavichord gestaltete er einen ganzen Abend und ließ Musik aus der Zeit um Johann Sebastian Bach und des Zeitgenossen Thomas Daniel Schlee erklingen. Das Besondere dieses Konzertes war die durch das Instrument erzwungene Intimität, in die sich das Publikum begeben musste. Welche Lautstärkenverhältnisse die Konzertbesucher erwarteten, zeigte die Tatsache, dass jeder mit seiner Eintrittskarte ein Hustenbonbon erhielt. Ein Clavichord ist so leise, dass selbst ein Räuspern den Klang problemlos überlagert. Bei sehr gedämpftem Licht (je weniger man sieht, desto besser hört man) eröffnete Still mit vier zweistimmigen Inventionen des Thomaskantors, gefolgt von einer g-mollSuite des italienischen Priesters Domenico Zipoli. Manch einer mag vermutet haben, Still mache sich die Sache mit Kompositionen, mit denen sonst eher anfangende Klavierschüler traktiert werden, recht einfach. Wer so dachte, wurde bei gespitzten Ohren eines Besseren belehrt. Gerade durch den großen Bekanntheitsgrad dieser einfachen Stücke konnte man sein Gehör auf die klanglichen Feinheiten dieses zarten Instrumentes richten. Solchermaßen auf das Clavichord eingestimmt, gegen das eine Gitarre oder eine Laute schon fast lärmende Instrumente sind, ging es über eine Suite von Johann Jakob Frohberger und ein Choralvorspiel des Bachschülers Johann Ludwig Krebs zu einem Rondo in d-moll des Bachsohnes Carl Philipp Emanuel. Bei diesem sehr empfindsamen Werk, für "Kenner und Liebhaber" geschrieben, konnte Still zeigen, wie viel Fingerspitzengefühl er besitzt. Erstaunte Gesichter

Es gehört zur Eigenart des Clavichords, dass der Anschlag der Taste die Lautstärke des Tones und auch seinen Charakter bestimmt. Da gab es manch erstaunten Gesichtsausdruck über die großen klanglichen Variationsmöglichkeiten. Krönender Abschluss des Abends war Bachs chromatische Fantasie und Fuge, mit der Still seine großen Fähigkeiten noch einmal deutlich unterstreichen konnte. Im Vergleich zu den leisen Klängen war es fast schon brausender Applaus, mit dem sich das Publikum berechtigter Weise beim Solisten bedankte.

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