"Ich bin keine Marionette!"

TRIER. Waltraud Jammers, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Stadtrat, macht mobil. Sie bekräftigt ihre scharfe öffentliche Kritik an kommunalpolitischen Spitzenvertretern, unter anderem an SPD-Fraktionschef Friedel Jaeger, verlangt "Transparenz und Aufklärung in wichtigen wirtschaftlichen Fragen" und leistet symbolischen Widerstand.

"Ich setze zurzeit keinen Fuß ins Rathaus." Diese bemerkenswerte Aussage macht eine Frau, die sich in den vergangenen Jahren im Stadtrat vor allem in kulturellen Angelegenheiten engagiert hat: Waltraud Jammers (Foto). Im Gespräch mit dem TV lässt sie durchblicken, dass sie frustriert ist. Erst Millionenverluste mit zwei Parkhäusern bei den Stadtwerken, dann Millionenverluste bei der Wohnungsbau und Treuhand AG GBT mit einem Projekt in Jülich - "ich möchte endlich wissen, was da vorgefallen ist". Sie akzeptiere es nicht mehr, "ständig mit Kleinkram zugeschüttet zu werden und in großen Dingen keine Informationen zu bekommen". Jammers ist sich bewusst, mit ihrer öffentlichen Attacke auch den eigenen Parteikollegen Friedel Jaeger ins Visier zu nehmen. "Ihn betrifft meine Kritik aber nicht alleine", macht sie deutlich. Sie sei sehr gespannt, wie Partei und Fraktion reagieren würden. Jammers: "Ich bin keine Marionette! Es wird sich jetzt zeigen, ob auf meine Mitarbeit im Rat Wert gelegt wird." Der TV befragte zum Vorstoß von Jammers einen in der Region hoch angesehenen Sozialdemokraten, den ehemaligen Finanzstaatssekretär Karl Haehser. Dieser äußerte Verständnis "für die berechtigten Sorgen von Frau Jammers, dass der Öffentlichkeit etwas verschwiegen werden könnte". Unterstützung erfährt die SPD-Frau auch von unerwarteter Seite. Mundartdichter Hans Mertes meldete sich beim TV und sagte: "Ich bewundere den Mut von Frau Jammers." Gleichzeitig kritisierte das Gründungsmitglied der UBM seine ehemaligen politischen Weggefährten, die in einer Anfrage an OB Helmut Schröer gefordert hatten, "Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht" von Ratsmitgliedern zu ahnden. "Es kann doch nicht wahr sein, dass Millionensummen in den Sand gesetzt werden und alles unter den Teppich gekehrt wird!" Mertes: "Schonungslose Aufklärung muss sein, keine Geheimniskrämerei." Unterdessen wird in den Stadtratsfraktionen eifrig diskutiert, wie mit der UBM-Anfrage umgegangen werden soll. CDU-Fraktionschef Berti Adams wehrt sich gegen die Verfolgung von Informanten. "Würde jemand angezeigt, würde der Staatsanwalt im Stadtrat Einkehr halten, und das kann keiner wollen." Zu klären sei etwa die Frage, ob Ratsmitgliedern nur noch Einblick in die Niederschriften nicht-öffentlicher Sitzungen gewährt würde, ohne dass sie diese mitnehmen dürften. Thomas Egger (FDP) verweist darauf, die Verwaltung müsse den Rat generell über alle Sachverhalte informieren. Um Rechtsklarheit für die Presse und für Ratsmitglieder darüber zu schaffen, welche Informationen verbreitet werden dürfen, will Egger die Erarbeitung einer neuen Geschäftsordnung für den Stadtrat vorschlagen. Der Grüne Gerd Dahm sagt zu der Diskussion klipp und klar: "Wir lassen uns den Mund nicht verbieten!" Die Gemeindeordnung verpflichte den Stadtrat zur Transparenz.

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