"Ich habe keine Leichen im Keller"

TRIER. "Erfolglos" und "ungeeignet" – diese Attribute schrieb Wolfgang Natus, Ehrenpräsident der Industrie- und Handelskammer (IHK), Triers neuer Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani zu – vor ihrer Wahl. Da sich der Stadtrat dennoch für die Christdemokratin entschieden hat, stellt sich die Frage, ob die IHK diese Vorwürfe aufrecht erhält oder sogar erhärten will. Doch davon ist offenbar keine Rede mehr.

Natus schrieb im Vorfeld der Wahl alle Ratsfraktionen an und feuerte verbale Breitseiten ab (der TV berichtete). Er behauptete, Kaes-Torchiani sei an allen vorherigen Wirkungsstätte nicht erfolgreich gewesen und als Baudezernentin nicht geeignet. Zum Teil habe sie Expansionspläne "massiv behindert". Der Rundumschlag verfehlte sein Ziel. Kaes-Torchiani, die ihrerseits von "Rufmord" sprach, wurde am Dienstagabend gewählt und bleibt im Gespräch mit dem TV auch jetzt dabei: "Ich habe keine Leichen im Keller. Während meiner Zeit in Wittlich, aus der wohl viele dieser gegen mich erhobenen Vorwürfe stammen, war ich Amtsleiterin und habe Stadtratsbeschlüsse umgesetzt." Hat Natus im Namen und mit Billigung der IHK sein Schreiben verfasst? Der TV sprach mit Hauptgeschäftsführer Arne Rössel. "Die IHK muss Position beziehen, wenn es um Personalentscheidungen geht, die für die regionalen Unternehmen von großer Bedeutung sind", sagt Rössel. "Da uns keine der Ratsfraktionen nach unserer Meinung gefragt hat, mussten wir uns einbringen." Schon diese Formulierungen lassen den Schluss zu, dass das Schreiben des Ehrenpräsidenten durchaus zurecht den offiziellen Briefkopf der IHK trug. Rössel bestätigt: "Ich habe selbst in Wittlich und Stolberg recherchiert und aus Unternehmerkreisen viele kritische Stimmen gehört. Offenbar hat diese Situation die Ratsmehrheit nicht nennenswert beeindruckt." Rössel greift CDU und UBM an: "Die Fraktionen haben sich auf die Vorstellung der Kandidatinnen in Trier verlassen und sich nicht die Mühe gemacht, an den bisherigen Wirkungsstätten zu recherchieren." Folgt jetzt die große Abrechnung mit Kaes-Torchiani? Belastende, nachvollziehbare und fundierte Vorwürfe von Unternehmern, die auch zu ihren Aussagen stehen? Nein. Die IHK rudert zurück. "Schwamm drüber. Es ist wohl kein einfacher Start für uns beide, aber wir bieten der neuen Baudezernentin unsere Bereitschaft zur Zusammenarbeit und jede Unterstützung an." In jeder Krise, so Rössel, liege auch eine Chance. Die Handwerkskammer hat keine Vorwürfe gegen Simone Kaes-Torchiani erhoben. "Ich sehe die Sache auch anders", betont Hauptgeschäftsführer Hans-Hermann Kocks und wirft mehr Licht auf die angebliche massive Behinderung von Expansionsplänen, von der Natus gesprochen hat. "Einer der Hauptkritiker der neuen Dezernentin ist wohl ein Unternehmer, der unbedingt mitten im Naturschutzgebiet bauen wollte und damit nicht durchkam."Jensen respektiert die Entscheidung

Seitdem wettere dieser Unternehmer gegen Kaes-Torchiani. Kocks stellt klar: "Wir werden der Dezernentin die Chance geben, ihren Job zu machen." Nach einem Jahr wolle die Kammer eine Bilanz ziehen. Klaus Jensen, der morgen offiziell als neuer Oberbürgermeister vereidigt wird, bleibt gelassen. "Der Stadtrat hat eine Entscheidung getroffen, die ich respektiere. Ich werde mich um eine gute Zusammenarbeit bemühen." Jensen hatte sich im Vorfeld hinter die parteilose Beatrice Soltys gestellt. Ihre Wahl, so Jensen damals, sei eine "großartige Chance, das umzusetzen, was die Trierer Bürger wollen: weniger Parteiwirtschaft und mehr Kompetenz".

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