Ich kaufe, egal was

TRIER. Mit seinem als satirisches Seminar gestalteten Programm "Spitzenverkäufer Heinrich Top" gastierte der Aachener Kabarettist Hans Georgi in der Tufa. Rund um das Thema Verkaufen schlug er hintergründig witzige und nachdenklich stimmende Töne an.

Wer an Kabarett den Anspruch stellt, auf intelligente, humorvolle Art die Augen geöffnet zu bekommen, zum Nachdenken und fortan kritischerer Beobachtung seiner Umwelt angeregt zu werden, war bei Hans Georgis Auftritt in der Tufa bestens bedient. Bereitschaft vorausgesetzt, aufmerksam zuzuhören, um den Faden origineller und tiefsinniger Gedankenspielereien nicht zu verlieren. Denn Georgi, der nicht nur als Kabarettist, sondern auch mit einem Erich-Kästner-Programm durch Deutschland tourt, bediente sich nur gelegentlich leicht verdaulicher Comedy-Gags. Und das hauptsächlich am Anfang, als er alias "Einklatscher Günther" aus der Talkshow eines Privatsenders mit Kandidatenkür und Witzen direkten Kontakt zum Publikum aufnahm: "Eigentlich sollte ja jetzt ein Pantomime auftreten, aber der hat seine Depression in den Griff gekriegt und redet jetzt wieder." Doch schon beim folgenden Spiel mit den "Kandidaten", in dem diese Begriffe wie "Provision" und "Elefantenhochzeit" raten mussten, wurde klar, worum es fortan gehen sollte: Verkaufen in allen Facetten. Dazu trat der Kabarettist selber als Spitzenverkäufer an, der seine Strategien per Seminar an Mann und Frau brachte, unterbrochen von Gesangseinlagen wie einem an den "Tod des Handlungsreisenden" angelehnten Tango. Da ging es um angepasste Kleidung, zum Beispiel den Wendeschal eines Ruhrbischofs und gleichzeitigen Schalke-Fans - "immer auf die Farbe achten...". Oder um griffige Geschäftsideen: Mercedes-Arbeiter nehmen zusammen einen Riesenkredit auf, kaufen davon die Aktien ihrer Firma und kündigen am nächsten Tag. Woraufhin die Aktien natürlich steigen und soviel Gewinn ( nicht in Euro, sondern "Doppelmark") abwerfen, dass Kredit und entgangener Lohn abgedeckt werden. Wähler als Stimmvieh

Es gab praktische Tipps: "Wenn Sie einen Job in der Müllbranche anstreben, achten Sie darauf, dass die Abschlussprovision beim Bau einer Verwertungsanlage für die Kaution zur Entlassung aus der U-Haft reicht!" Damit ging Georgi zum ernsteren Teil über, in dem er die gesellschaftlich relevanten Abläufe von Konsum und Konsumenten beleuchtete. Zum Beispiel wie Wähler als Stimmvieh für dumm verkauft werden, oder wie Politik und Medien die Menschen gegenwärtig manipulieren, Optimismus zu entwickeln. Schließlich stellte er die Sinnfrage: "Warum machen wir alle mit?", gekleidet in den symbolischen Vergleich des ewigen Sandkastenkampfes um Förmchen mit dem "Menschenkinder geförmt werden".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort