Idealist und Kämpfernatur

TRIER. Er bezeichnet sich als "chronischen Spiegel-Leser" und "Idealist". Benjamin Judith ist nach Selbstauskunft nicht der "Prototyp Schüler", ist selbstkritisch und stürzt sich mit ganzem Elan in die Aufgaben, die er übernommen hat.

"Manchmal rede ich, als wäre ich schon 50", sagt Benjamin Judith. Dabei ist der junge Mann mit der schwarz geränderten Brille, dem freundlichen Blick und der forschen Art, seine Meinung zu vertreten, Schüler und gerade erst 18 Jahre alt. "Wenn man nicht idealistisch veranlagt ist, kann man so etwas wie SchülerInnenvertretung nicht machen", sagt er selbstbewusst, ohne altklug zu klingen. Wenn er von SchülerInnenvertretung (SV) redet, meint er nicht Mini-SV-Aktivitäten, Mitgestaltung von Schulfesten oder die "schülergerechte Aufarbeitung dessen, was der Direktor veranlasst hat". Für Benjamin Judith bedeutet das, sich mit vollem Einsatz auf höherer Ebene zu engagieren. Erziehung zur Demokratie heiße nicht nur, den Politik- und Sozialkundeunterricht aufmerksam zu verfolgen. Dass Demokratie in der Schule funktioniert und gelebter Alltag sein kann - dafür steht er ein. "Niemand würde sagen, dass ich ein Streber bin. Aber ich bin auch kein Revoluzzer." Realpolitische Arbeit zu betreiben ist es, was den 18-Jährigen 2004 dazu bewog, sich am Max-Planck-Gymnasium (MPG) in die SV und zum überregionalen MPG-Vertreter wählen zu lassen. "Man sollte nicht nur nach den Sternen greifen, sondern danach schauen, was wirklich möglich ist." Möglich war für Judith mehr, die bildungspolitische Karriere mit dem Amt an der eigenen Schule nicht beendet. Als Vorstand der LandesschülerInnenvertretung (LSV) nahm er seine Geschäfte auf und machte im vergangenen Jahr als LSV-Pressereferent von sich reden und mit einem in Zeitungen veröffentlichten Zitat Schlagzeilen. Dabei ging es um die Vormachtstellung von Direktoren, die Schüler zu wenig in Entscheidungen einbeziehen. Ebenso wenig wie er in der MPG-Schülerzeitung "Distelblatt", an der er mitarbeitete, Artikel "nur mit Kuschelfaktor" veröffentlicht wissen will, nimmt Judith auch sonst selten ein Blatt vor den Mund. "Es muss jemanden geben, der den Mund aufmacht und die Sachen an die Öffentlichkeit trägt." Da scheut er auch keinen verbalen Schlagabtausch mit Experten. "Klar", sagt er, "man braucht Mut dazu, für sein Recht zu kämpfen." Die Mehrheit der Schüler sei unzufrieden mit dem System, doch würden sie resignieren. Judith hat es sich als LSV-Bundesdelegierter zum Ziel gemacht, für ein besseres Schulklima und gegen Ellenbogen-Mentalität zu kämpfen, spricht über die mangelhafte Lehrerausbildung, fordert Reformen. Außerdem sitzt er im Bundesarbeitskreis "Schüler gestalten Schule" und begleitete das Ganztagsschulprogramm. "Ich bin ein Befürworter von Ganztagsschulen. Für viele Familien ist das genau die richtige Lösung. Aber ich warne davor, die Ganztagsschule als Universalmittel zu sehen", regt er einen differenzierten Umgang mit dem Thema an. Es hört sich nach einem Vollzeit-Job an, wenn Benjamin Judith berichtet, welche Mühen er auf sich nimmt, um an Sitzungen und Konferenzen teilzunehmen. Dazu kommt noch die schriftliche Ausarbeitung der Ergebnisse - und Hausaufgaben. Bis zum Abitur will er kürzer treten. "Meine Fehlstunden sind ins Unermessliche gestiegen. Manchmal", räumt er ein, "gibt es Tage, da wache ich auf und will nicht mehr, habe keine Kraft mehr, will einfach nur Ruhe und keine so große Verantwortung mehr haben." Doch weil sich der Einsatz lohne, macht Judith weiter. Bis er sein Freiwilliges Soziales Jahr - nach Wunsch beim Offenen Kanal - beginnt, steht er seinen LSV-Kollegen zur Seite. Und danach? Lehrer will er werden. "Ja, ich bleibe der Schule treu und werde dafür sorgen, dass das System humaner wird." In die Politik zu gehen, könnte sich Judith ebenfalls vorstellen, als bildungspolitischer Sprecher einer Partei im Landtag würde er sich gut gefallen. Und mit 55 Bundeskanzler zu werden.

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